Seilhangeln
Die Erinnerungen an unsere Schulzeiten, wo wir im Turnunterricht manchmal auch mit den Tücken von Seilen beschäftigt waren, nimmt uns die Scheu vor dem Begriff „Seilhangeln“. Damals, als zur stillen Freude des Herrn Turnprofessors, wir uns an den Seilen übten, um zu klettern zu schwingen oder eben auch zu hangeln. Tarzan im Kopf. Aber jetzt haben wir eine Wirtschaftssituation, wo es genau darum geht. Sich, ohne gefühlten sicheren Boden unter den Füßen, von einer Interpretation zur nächsten „hangeln“ zu müssen, um sich den weiteren Weg zu erarbeiten. Jeden Tag wird uns ein neuer Griff in diesem Prozess abverlangt. Das Ziel ist in noch weiter Ferne: Die ökonomische Sicherheit. Die Füße auf festem Land oder zumindest nicht mehr ohne Boden unter den Füßen zu sein. Bis dahin turnen wir von einem unsicheren Griff zum nächsten. Ukraine-Informationen ohne Faktensicherheit, globale Hungersnöte vor der Haustüre, Nord Stream 1 vor dem Aus oder doch nicht, weil ja genau aber morgen sonst … die heimische Industrie zum dumpfen Energiekonsument vermobbt und darin die weit stillere Erkenntnis verpackt, dass genau diese Industrie es gelernt hat ihre Probleme selbst zu adressieren und proaktiv zu lösen. Übrigens ein Faktum, das jedem aber wirklich jedem die Augen öffnen sollte, wenn es um die Frage geht, wer denn der bessere Eigentümer wäre, Staat oder privat. Ach ja, und über Allem die Medien in trainierter Negativspirale. Alles, aber wirklich alles wird dramatisiert und negativ überhöht. Ob es Vandalen an Privatflughäfen, Millionen armer Omas die Trickbetrügern die Türe öffneten, Legionen gestrandeter Touristen, von Waldbränden zerstörte Sonnenliegen, oder Murenabgänge in entlegenen Tiroler Bergtälern sind, die nur um Haaresbreite an einer Katastrophe unglaublichen Ausmaßes vorbeischrammten. Das betroffene Aufatmen in einer künstlich herbeigezoomten Kraterlandschaft hinter der gerade, völlig entgegen der Regieanweisung, die Sonne hinter Wolken erscheint. Aber genau das wird in der Sekunde wieder als Beweis für das globale Klima-Ungleichgewicht herangezogen und bestätigt, völlig im Einklang mit der Krisen-Sonder-Situation in der wir uns alle seit Jahren befinden, wie kurz wir doch vor dem Klimasupergau stehen. Und jeden Tag hangeln wir uns weiter.
Inzwischen werden die Griffabstände länger. Die Risiken nehmen zu. Sind die Notenbanken am richtigen Weg oder nur daran interessiert, dass wir es glauben? Über die Preisanstiege bei Energie hinaus haben wir plötzlich eine Inflation auf breiter Front vor uns deren Ursachen mitnichten mit den beklagten externen Faktoren zu tun haben. Hier entsteht die berechtigte Frage, ob nämlich die jetzt entstehenden Wohlstandsenteignungen, die durch Preiserhöhungen , geschützt durch staatliches Wegsehen, Konsum-Schecks, pauschale Indexanpassungen ohne ökonomischen Hintergrund oder schiere Gier ohne Kontrolle entstanden sind, fest eingefahren sind oder ob sich diese Entwicklung noch bekämpfen bzw. umkehren lässt. Ist die Rezession, die diesen Prozess begleiten könnte, falls man sich das Erhöhte nicht wegnehmen lassen will, unumkehrbar oder einem offenen Konsens zugänglich und somit vermeidbar? Ist die Politik in der Lage dies zu erkennen und auch zu adressieren? Und wenn ja , will sie das auch? Sind die Finanzminister, die globalen Rumpelstilzchen, die sich in ihren Kämmerchen freudig hüpfend ihrer seit Jahren gehüteten Inflationsgeheimnisse erfreuen so sicher vor Enttarnung? Wir wissen es nicht, denn wir hangeln uns ja gerade von einer vermeintlichen Bedrohung zur nächsten.
Aber nur wer die Augen zu macht muss an den Abgrund glauben. Wer sie offen hat, sieht wo er wirklich ist.