05.04.2022

Statt Erdgas Vollgas



Auch wenn inzwischen die letzten Schilifte die Gondeln sperren und die Sessel einmotten, der Winter bleibt noch ein wenig. Die Situation rund um unsere Erdgasversorgung legt hier noch ein Schäuferl Bewusstsein nach. Österreich und sein großer Nachbar Deutschland haben sich ein wenig zu viel vom russischen Erdgas abhängig gemacht. Die aktuell drohende Verknappung beschleunigt bereits Umleitungsprozesse. Jeder will seinen Bedarf gesichert gedeckt wissen. Mitteleuropa wird mit seinen Nachbarn freundlich sein müssen.

Die Geschwindigkeit, mit der sich halb Europa gerade um Erdgaslieferungen bemüht, ist unterschiedlich:

England und Norwegen hatten immer schon ihr eigenes Öl und Erdgas. Die uns bekannt Ölsorte Brent ist das mächtige Ölfeld vor der englischen Küste. Die baltischen Staaten hingegen haben in der Vergangenheit ihren Bedarf bereits in Richtung LNG (Liquified Natural Gas) ausgerichtet. Die Nähe zum russischen Bären trainiert offensichtlich Ängste. Die aktuelle Energie-Situation ist daher dort keine Bedrohung. Spanien und Portugal sind es, wie in einigen Bereichen Frankreich auch, gewohnt Teile ihres Bedarfes mit LNG abzudecken. Jetzt eben mehr. Italien tönt, es hätte noch Probleme, aber auch dort gibt es einige LNG-Terminals. Österreich hingegen hat sich einseitig auf seine superguten Kontakte zu Russland verlassen und ist jetzt verlassen. Insbesondere aber hat sich Deutschland inzwischen ziemlich blamiert und wurde gleichzeitig in seiner Bürokratiewut der letzten Jahre voll enttarnt. Tatsache ist nämlich, dass es in Deutschland bereits vor ein paar Jahren der Antrag zur Errichtung von LNG-Terminals zur Gesetzwerdung geschafft hat. Sogar in Rekordzeit. Gerade sechs Monate waren zwischen Antrag und Legislative vergangen. Chapeau! Sogar die Standorte waren mit Brunsbüttel und Wilhelmshafen bereits fixiert worden. Heureka. Und dann passierte … nichts. Über zwei Jahre standen die Projekte still. Auf den Computern sahen sie ja recht hübsch aus, aber die Baugenehmigung, und die Ausschreibung, und das muss man sich ganz genau ansehen und und und… – und ach ja dann kam Corona, Urlaub war sicher auch noch und … genau. Man darf sich da doch keine Wunder erwarten, oder? Nun, diese Wunder wird es jetzt geben müssen. Die bürokratischen Wälle wurden von der Politik in einer Nacht niedergerissen und dem Staat sogar mit Stade ein weiterer Terminal am Plan verpasst. Kleinlaut muss man trotzdem zugeben, dass sich solche Anlagen zwar über Nacht befehlen, aber nur in 2-3 Jahren errichten lassen. Selbst wenn man Wilhelmshafen bereits 2023 als Eröffnung politisch umhängt, fertig sein und fertig sein wollen sind Unterschiede. In Zeiten wie diesen definitiv zu spät.

Aber was solls. Es gibt ja noch ein physikalisches Gesetz, nämlich jenes der Druckunterschiede. Dort wo der Druck geringer ist, strömen Massen hin. Also wie im Wetter auch in der Gaspipeline. Und das befeuert gerade die Fantasie bei unseren Nachbarn genauso wie bei uns, nämlich, dass man Gas aus LNG-Terminals ja auch andere Wege gehen lassen kann, als immer die von Ost nach West. Nur ein paar Ventile umbauen halt. Billig wird’s wohl nicht sein, aber die EZB wird’s schon wieder richten. Und wer weiß, vielleicht kommt der Gesichtsverlust im brutalen Kabinett der Eitelkeit als Maximaldrohung, bevor die Wirtschaft kollabiert, auch einem russischen Präsidenten in den Sinn, und er öffnet erneut die Schleusen aus Sibirien. Auch gegen Euro und Dollar. Wir sind ja nicht so. Bevor Euroland sich, mit Überbrückung durch LNG, auf die eigenen Energie-Beine stellt, wird man sicher wieder freundlicher. Es steht zu hoffen, dass die EU diese Karotte nicht mehr ergreifen wird, denn sonst wird es wieder still um die Terminals in Brunsbüttel.

Und für uns Kapitalmarktteilnehmer gilt es einen neuen Sektor in der Energieindustrie näher zu betrachten und genau auf diese politischen Bewegungen hin zu analysieren. Es sind die Terminalbauer, -Betreiber, Tanker-Hersteller, Stahlkocher, Energieunternehmen, die bohren, jene die Bohrer herstellen, jene die suchen, jene die finden bis hin zu jenen die uns dies alles finanzieren helfen. Ein Gewühl an gerade erweckten Geschäftspartnern, die in all dem ohnehin schon verworrenen Umfeld ihren neuen Fixpunkt suchen.

Vollgas.



05.04.2022

Statt Erdgas Vollgas



Auch wenn inzwischen die letzten Schilifte die Gondeln sperren und die Sessel einmotten, der Winter bleibt noch ein wenig. Die Situation rund um unsere Erdgasversorgung legt hier noch ein Schäuferl Bewusstsein nach. Österreich und sein großer Nachbar Deutschland haben sich ein wenig zu viel vom russischen Erdgas abhängig gemacht. Die aktuell drohende Verknappung beschleunigt bereits Umleitungsprozesse. Jeder will seinen Bedarf gesichert gedeckt wissen. Mitteleuropa wird mit seinen Nachbarn freundlich sein müssen.

Die Geschwindigkeit, mit der sich halb Europa gerade um Erdgaslieferungen bemüht, ist unterschiedlich:

England und Norwegen hatten immer schon ihr eigenes Öl und Erdgas. Die uns bekannt Ölsorte Brent ist das mächtige Ölfeld vor der englischen Küste. Die baltischen Staaten hingegen haben in der Vergangenheit ihren Bedarf bereits in Richtung LNG (Liquified Natural Gas) ausgerichtet. Die Nähe zum russischen Bären trainiert offensichtlich Ängste. Die aktuelle Energie-Situation ist daher dort keine Bedrohung. Spanien und Portugal sind es, wie in einigen Bereichen Frankreich auch, gewohnt Teile ihres Bedarfes mit LNG abzudecken. Jetzt eben mehr. Italien tönt, es hätte noch Probleme, aber auch dort gibt es einige LNG-Terminals. Österreich hingegen hat sich einseitig auf seine superguten Kontakte zu Russland verlassen und ist jetzt verlassen. Insbesondere aber hat sich Deutschland inzwischen ziemlich blamiert und wurde gleichzeitig in seiner Bürokratiewut der letzten Jahre voll enttarnt. Tatsache ist nämlich, dass es in Deutschland bereits vor ein paar Jahren der Antrag zur Errichtung von LNG-Terminals zur Gesetzwerdung geschafft hat. Sogar in Rekordzeit. Gerade sechs Monate waren zwischen Antrag und Legislative vergangen. Chapeau! Sogar die Standorte waren mit Brunsbüttel und Wilhelmshafen bereits fixiert worden. Heureka. Und dann passierte … nichts. Über zwei Jahre standen die Projekte still. Auf den Computern sahen sie ja recht hübsch aus, aber die Baugenehmigung, und die Ausschreibung, und das muss man sich ganz genau ansehen und und und… – und ach ja dann kam Corona, Urlaub war sicher auch noch und … genau. Man darf sich da doch keine Wunder erwarten, oder? Nun, diese Wunder wird es jetzt geben müssen. Die bürokratischen Wälle wurden von der Politik in einer Nacht niedergerissen und dem Staat sogar mit Stade ein weiterer Terminal am Plan verpasst. Kleinlaut muss man trotzdem zugeben, dass sich solche Anlagen zwar über Nacht befehlen, aber nur in 2-3 Jahren errichten lassen. Selbst wenn man Wilhelmshafen bereits 2023 als Eröffnung politisch umhängt, fertig sein und fertig sein wollen sind Unterschiede. In Zeiten wie diesen definitiv zu spät.

Aber was solls. Es gibt ja noch ein physikalisches Gesetz, nämlich jenes der Druckunterschiede. Dort wo der Druck geringer ist, strömen Massen hin. Also wie im Wetter auch in der Gaspipeline. Und das befeuert gerade die Fantasie bei unseren Nachbarn genauso wie bei uns, nämlich, dass man Gas aus LNG-Terminals ja auch andere Wege gehen lassen kann, als immer die von Ost nach West. Nur ein paar Ventile umbauen halt. Billig wird’s wohl nicht sein, aber die EZB wird’s schon wieder richten. Und wer weiß, vielleicht kommt der Gesichtsverlust im brutalen Kabinett der Eitelkeit als Maximaldrohung, bevor die Wirtschaft kollabiert, auch einem russischen Präsidenten in den Sinn, und er öffnet erneut die Schleusen aus Sibirien. Auch gegen Euro und Dollar. Wir sind ja nicht so. Bevor Euroland sich, mit Überbrückung durch LNG, auf die eigenen Energie-Beine stellt, wird man sicher wieder freundlicher. Es steht zu hoffen, dass die EU diese Karotte nicht mehr ergreifen wird, denn sonst wird es wieder still um die Terminals in Brunsbüttel.

Und für uns Kapitalmarktteilnehmer gilt es einen neuen Sektor in der Energieindustrie näher zu betrachten und genau auf diese politischen Bewegungen hin zu analysieren. Es sind die Terminalbauer, -Betreiber, Tanker-Hersteller, Stahlkocher, Energieunternehmen, die bohren, jene die Bohrer herstellen, jene die suchen, jene die finden bis hin zu jenen die uns dies alles finanzieren helfen. Ein Gewühl an gerade erweckten Geschäftspartnern, die in all dem ohnehin schon verworrenen Umfeld ihren neuen Fixpunkt suchen.

Vollgas.