Marschbefehl Richtung Energiewende
Die Zeichen stehen auf Veränderung. Nicht erst seit dem Erschnuppern wiedergewonnener Freiheiten, sondern in Erkenntnis, dass am Globus der nächste Sommer zwar bestimmt kommen, dieser aber wärmer und wärmer zu werden tendiert. Und bevor wir uns alle feuerfeste Sohlen bei Amazon bestellen um den Spaziergang in Jesolo unverletzt zu überstehen, will der entscheidungsfähige Mensch am Globus offensichtlich inzwischen etwas dagegen tun.
Aus alles Löchern kommen Ideen, Anweisungen, Bedrohliches oder Bemühtes. Jeder in seiner Rolle verhaftet. Statistik, Volkswirtschaft, Politik, Aufsichtsorgane, Medien, Scharlatane, Fantasten, Nörgler, Zyniker, Phlegmatiker, Fanatiker, Techniker (sorry kein gendern wegen Lesefluss, bitte dazu denken), … es bewegt sich etwas. Und alle halten das Generalthema aufrecht. Ob es die Frage nach dem besten Energiemix ist, das Bewahren der Ökonomie im Wandel, die Forderung nach sofortigen Schienenwechseln, nach neuen Technologien, nach Entscheidungen in der Politik, nach Konsens mit ultimativ folgender gemeinsamer Umsetzung und nicht endlosen Meetings mit ebenso endlosen nichtssagenden Dokumentationen.
Der aktuelle Faktencheck zum Energiemix beleuchtet das offensichtliche Durcheinander: gegenüber vorigem Jahr haben wir deutlich mehr Kohle-, Gas- und Öl-Kraftwerke ans Netz gelassen. Alternativenergie fiel ziemlich zurück. Alles falsch? Nein, wir hatten einfach weniger Sonne und auch der Wind war nicht mehr als ein Lüfterl gegenüber 2019. Und jetzt klopft die Konjunkturerholung, die wir uns alle so wünschen an die Steckdose. In den Öko-Tempeln stehen schon die Kerzen und bitten um mehr Wind. Wird der nicht kommen werden wieder die drei düsteren Reiter Kohle, Öl, Gas galoppieren. Wer jetzt den Öko-Hut ins Salatbeet wirft, ist aber selber schuld, denn genau diese Umstände sorgen für die Beschleunigung des benötigten Wandels zum Schritt in die Energieneutralität. Man baut Alternativenergie aus, aber nicht allein in Masse, sondern in Qualität. Und es wird leistbarer. Die Kosten für Solarpanele sind mittlerweile um 90% gefallen. Aus einem Hobby für Reiche wurde ein leistbares Energieinstrument. Und dort geht die Forschung gerade erst so richtig los. Heterojunction-Technologie soll die magische Grenze von 29% Wirkungsgrad bereits in drei Jahren erreichen. In Kombination mit der Perowskit Technologie sind im Labor bereits über 40% bejubelt worden. Das ist eine echte Alternative, bzw. wird demnächst eine werden. Genauso ist die Windmaschine nicht mehr ein einfacher Propeller, der halt immer größer gebaut wird, es sind echte Minimalkraftwerke, die unabhängig voneinander alles messen und optimieren, was den Propeller und die Stromerzeugung bestimmt. Und das ist nicht mehr auf Luft beschränkt. Unterwasserpropeller nutzen die Meeresströmungen. Auch die Bodenverankerung ist kein Muss mehr. Die meisten Offshore Windparks werden bereits schwimmend verbaut. Und diese „Inseln“ lassen sich sogar hin- und herschleppen. Je nachdem wo gebraucht. Bis zum Wasserstoffwerk am Meer, wo der Strom der gerade zu viel produziert wird, gespeichert und später abtransportiert wird (falls nicht ohnehin eine kleine Pipeline neben dem Stromkabel installiert ist). Die Meereserfahrung hat auch die Solar-anwender bereits aufs Meer getrieben. In dicht besiedelten Küstenregionen Asiens wird der Trend zum schwimmenden Solarkraftwerk immer stärker. Schwerlastschiffe werden mit starren Großsegeln gebaut die zusätzlich voll mit Photovoltaik bestückt sind und das energieautarke Transportwesen denkbar machen. Überall sprießt technologische Kraft an die Oberfläche. Und da ist das riesige Gebiet der CO²-Catcher, jenen industriellen Anwendungen, die das Kohlendioxid gleich direkt beim Erzeuger oder später aus der Luft auffangen und binden sollen, noch gar nicht auf die Bühne getreten. Ein Plainfield für die Börse, das uns auf Jahre hinaus begleiten wird.
Und, kaum vermutet, selbst die Ölindustrie spielt bereits mit. In den USA werden gerade von „Big Oil“ dutzende private, in Schieflage geratene, Schieferöl-Produzenten gekauft. An sich kein wirklicher Umweltgewinn, aber hier schon, denn nun hört es sich auf mit dem Abfackeln des ungeliebten Erdgas‘. Exxon und Co wollen ja stolz sein wie gut sie es mit uns meinen und werden dieses Gas, das zeitweise als größter Ozon-Killer am Globus verschrien war, schön brav auffangen, reinigen und uns danach als Propangas für unsere Gasgriller verkaufen.
Wer hätte sich gedacht, dass so ein Grill-Steak das Ende eines Energiekreislaufes so elegant darstellen würde.