16.03.2021

Jeder Deal hat zwei Leben, auch der Brexit



Wie schön ist es über Siege zu jubeln, die Helden zu feiern, die Zukunft der Vergangenheit zu opfern. Je länger der Kampf um ein Ziel dauert, umso schöner und umso heftiger die Freude, wenn es geschafft ist. Naturgemäß sind solche Ziele auch endgültig. Weltmeister, Olympiasieger, Matura oder gar Minister. In der Wirtschaft sind sie es nur bedingt, denn fast immer entsteht erst nach Erreichen eines Ziels das zweite „Leben“, die Aufarbeitung und die vertragskonforme Einhaltung der dem Ziel geopferten Bedingungen. Der Brexit ist gerade hier angekommen. Jubeln tut derzeit keiner mehr. In Nordirland werden erste Anzeichen einer versuchten Umgehung der Vertragsinhalte offenkundig. Die Börsenteilnehmer werden aufmerksamer.

Am Kapitalmarkt nennt man diesen Prozess das „nach-arbitrieren“. Wenn ein Deal geschlossen wurde, die Bedingungen des Geldtransfers oder den Zeitpunkt all der beschlossenen Maßnahmen danach zu steuern, und somit sich vielleicht noch ein paar Kosten, die nicht im Vertrag standen, zu ersparen oder Erträge zusätzlich zu lukrieren. Ein gewichtiger Grund, warum Kapitalmarkttransaktionen nahezu immer von Vertragswerken begleitet sind, die allein durch ihren Umfang und Gewicht an die Aufnahmeprüfung im Fitnesscenter denken lassen. Und trotzdem passieren diese störenden Ereignisse danach. Die besten Kapitalmarktjuristen wähnte man lange Zeit in London. British Law war und ist noch immer ein gewichtiges Wort im internationalen Vertragswesen. Nahezu jeder Prospekt einer Börsenemission fußt darauf. Nahezu jede Kapitalmarkttransaktion die regional übergreifend passiert detto. Und mit dem Brexit haben wir freilich einen juristischen Vertragsgegner, der sich dieser Erfahrung bedient. Umso wichtiger nun für die EU, die Einhaltung ihrer Rechte zu kontrollieren und auch einzufordern. Denn wenn sie dies nicht tut, oder gar als Verlierer der mittlerweile offensichtlichen Arbitrage in Nordirland gebrandmarkt wird, werden sich auch die Investitionsströme drehen. Und das trifft die gesamte EU.

Somit haben die Kapitalmarktteilnehmer allen Grund sich wieder an den Brexit zu erinnern und auf die Einhaltung der vereinbarten Kontrollen in Nordirland zu blicken. Ein Reload der bekannten Brexit-Nervosität ist damit zu erwarten. Währungen reagieren hier am schnellsten. Das britische Pfund hat inzwischen seine Konsolidierung gegen den Euro unterbrochen. Der Euro pausiert schon ein paar Wochen gegen den US-$. Die Aktienmärkte nehmen die Verhärtung an der EU-Außengrenze zwar wahr, sind aber noch im Tanz mit TINA. Aber auch dieser Tanz ist mit hoher Sensibilität geführt und findet knapp neben der Tür zum Ausgang statt. Es ist nur gut zu wissen, dass die EU bereits öffentlich und aktiv reagiert hat.

Ein Zeichen, dass die Musik noch länger spielen darf.



16.03.2021

Jeder Deal hat zwei Leben, auch der Brexit



Wie schön ist es über Siege zu jubeln, die Helden zu feiern, die Zukunft der Vergangenheit zu opfern. Je länger der Kampf um ein Ziel dauert, umso schöner und umso heftiger die Freude, wenn es geschafft ist. Naturgemäß sind solche Ziele auch endgültig. Weltmeister, Olympiasieger, Matura oder gar Minister. In der Wirtschaft sind sie es nur bedingt, denn fast immer entsteht erst nach Erreichen eines Ziels das zweite „Leben“, die Aufarbeitung und die vertragskonforme Einhaltung der dem Ziel geopferten Bedingungen. Der Brexit ist gerade hier angekommen. Jubeln tut derzeit keiner mehr. In Nordirland werden erste Anzeichen einer versuchten Umgehung der Vertragsinhalte offenkundig. Die Börsenteilnehmer werden aufmerksamer.

Am Kapitalmarkt nennt man diesen Prozess das „nach-arbitrieren“. Wenn ein Deal geschlossen wurde, die Bedingungen des Geldtransfers oder den Zeitpunkt all der beschlossenen Maßnahmen danach zu steuern, und somit sich vielleicht noch ein paar Kosten, die nicht im Vertrag standen, zu ersparen oder Erträge zusätzlich zu lukrieren. Ein gewichtiger Grund, warum Kapitalmarkttransaktionen nahezu immer von Vertragswerken begleitet sind, die allein durch ihren Umfang und Gewicht an die Aufnahmeprüfung im Fitnesscenter denken lassen. Und trotzdem passieren diese störenden Ereignisse danach. Die besten Kapitalmarktjuristen wähnte man lange Zeit in London. British Law war und ist noch immer ein gewichtiges Wort im internationalen Vertragswesen. Nahezu jeder Prospekt einer Börsenemission fußt darauf. Nahezu jede Kapitalmarkttransaktion die regional übergreifend passiert detto. Und mit dem Brexit haben wir freilich einen juristischen Vertragsgegner, der sich dieser Erfahrung bedient. Umso wichtiger nun für die EU, die Einhaltung ihrer Rechte zu kontrollieren und auch einzufordern. Denn wenn sie dies nicht tut, oder gar als Verlierer der mittlerweile offensichtlichen Arbitrage in Nordirland gebrandmarkt wird, werden sich auch die Investitionsströme drehen. Und das trifft die gesamte EU.

Somit haben die Kapitalmarktteilnehmer allen Grund sich wieder an den Brexit zu erinnern und auf die Einhaltung der vereinbarten Kontrollen in Nordirland zu blicken. Ein Reload der bekannten Brexit-Nervosität ist damit zu erwarten. Währungen reagieren hier am schnellsten. Das britische Pfund hat inzwischen seine Konsolidierung gegen den Euro unterbrochen. Der Euro pausiert schon ein paar Wochen gegen den US-$. Die Aktienmärkte nehmen die Verhärtung an der EU-Außengrenze zwar wahr, sind aber noch im Tanz mit TINA. Aber auch dieser Tanz ist mit hoher Sensibilität geführt und findet knapp neben der Tür zum Ausgang statt. Es ist nur gut zu wissen, dass die EU bereits öffentlich und aktiv reagiert hat.

Ein Zeichen, dass die Musik noch länger spielen darf.