09.03.2021

Welchen Wert hat Value?



Wir erleben gerade an den Aktienbörsen ein Phänomen, das uns in mehrjährigen Zyklen ereilt. Den so genannten Paradigmenwechsel. Verhübscht ausgedrückt, ist das ein mittelfristiger Wechsel der Favoriten an den Börsen. Das können geografische Schwerpunkte, Sektorenpräferenzen, Liquiditätsunterschiede oder Investmentstile sein. Derzeit ist es ein Favoritenwechsel bei Sektoren in Verbindung mit volkswirtschaftlicher Argumentation.

Klar, Corona wirft alles durcheinander, und das gilt nicht nur für das Nervenkorsett, sondern auch für die Balance zwischen Angebot und Nachfrage, Gier und Angst, Logik und Emotion. All diese Variablen stehen gerade auf der hoch volatilen Seite und bewegen sich, wie man so schön sagt, „extrem“. Bedeutet, dass man trotz geringerer Sicherheit in der Aussage den Zug zum richtigen Investment nicht verlieren möchte. Also wird alles, was sich bewegt, einer mittelfristigen Bestandsanalyse unterworfen und, wenn diese Analyse ergibt, dass das Objekt der Begierde gute Chancen hat die Zeit „nach Corona“ zu erleben, ist man dabei. Lange Jahre waren Technologiewerte in diesem Rennen an der Spitze. Unschlagbar attraktiv, weil mit charismatischen Persönlichkeiten gespickt, mit Fantasie gesegnet und in Zeiten wo Kredit nichts mehr kostet mit einem nahezu unbegrenzten Leverage ausgestattet. Auf Deutsch: gib mir eine Idee, die maximal disruptiv ist und technologisch entspricht, und ich zeige dir die Welt. Tesla und Netflix sind nicht die Einzigen in diesem Kosmos. Eine Heerschaar an talentierten Programmierern und Visionären, die alle mit den viel zu großen Schuhen von Steve Jobs durch die Investmentbanken stolpern, sind die Armee dieser Börsenauftriebe. Gewesen? Die Frage ist berechtigt wo doch die Bewertungen dieser Titel oft absurde Höhen erklommen hatten bevor sie, ja genau, noch ein Stück weiter stiegen. Die letzte Erfindung waren ja die mittlerweile breit bekannten „SPACS“. Special Acquisition Companies deren Attraktivität darin bestand, in der Rolle als Private Equity Finanzier die Börsenkandidaten aus dem eigenen Bauch am besten vermarkten zu können. Also, nicht um die Emission, das IPO, anstellen, wo man ohnehin nur Bruchteile seiner Order zugeteilt bekommt, sondern gleich die Aktien der Firma kaufen, die die Firma an die Börse entlässt. Die paar Prozente an Gebühr, die dafür anfallen, heben den erwarteten Kursgewinn durch das IPO ja mehr als auf. Eine zynische Kalkulation in dem die Gier eine deutlich erhöhte Rolle spielt.

Nun es sieht so aus, als ob diese Zeit, zumindest kurzfristig, vorüber wäre. Es werden gerade die so genannten „Value Stocks“ massiv gesucht. Und wer wissen möchte was das denn für geheimnisvolle Aktien sind, dem sei zugerufen, dass es sich um folgende Definition handelt: Werte deren fundamentale Qualität stabil gut ist und die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern diesbezüglich günstig erscheinen. Also z.B. ein gut finanziertes Stahlunternehmen, das eine Dividende bezahlt, die höher als seine Konkurrenz ist und dabei sogar noch eine Spur mehr verdient. Wenn man sich diese Argumentation durchdenkt ein logisch anmutender Selektionsprozess, den man in so ziemlich jedem Aktienportfolio vermuten wollte. Wenn, nun ja, wenn TINA nicht schon wieder im Raum wäre. Denn TINA (There Is No Alternative) verhagelt so gerne dem fundamentalen Blick die Aussicht und strebt zum liquiden und leichter handelbaren Investment. Also kommt eine dritte Komponente hinzu, nämlich jene der Handelbarkeit für all jene, die aus den Teslas dieser Welt Gewinne mitnehmen wollen um diese ziemlich großen Summen rasch in „Value Aktien“ zu investieren. Ergibt, erraten, genau die gleiche Blase wie zuvor in den Techs. Es wird gekauft was sich kaufen lässt, ohne dabei das Mäntelchen „Value“ zu verlieren.

Für Alle die sich eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten wünschen, wo Werte noch Werte waren und Fundamentaldaten noch etwas zählten, ein kleines Statement: „ned alles was an Preis hat, muaß a an Wert habn“. Vermutlich werden wir noch einmal einen Paradigmenwechsel brauchen bis wir dort angelangt sind, wo wir wieder etwas ruhiger schlafen können, nämlich dann, wenn wir uns der Qualität unserer selektierten Werte auch sicher sein können und nicht damit rechnen müssen, dass irgendein Billionenportfolio auf Aktien losgelassen wird, nur um investiert zu sein.



09.03.2021

Welchen Wert hat Value?



Wir erleben gerade an den Aktienbörsen ein Phänomen, das uns in mehrjährigen Zyklen ereilt. Den so genannten Paradigmenwechsel. Verhübscht ausgedrückt, ist das ein mittelfristiger Wechsel der Favoriten an den Börsen. Das können geografische Schwerpunkte, Sektorenpräferenzen, Liquiditätsunterschiede oder Investmentstile sein. Derzeit ist es ein Favoritenwechsel bei Sektoren in Verbindung mit volkswirtschaftlicher Argumentation.

Klar, Corona wirft alles durcheinander, und das gilt nicht nur für das Nervenkorsett, sondern auch für die Balance zwischen Angebot und Nachfrage, Gier und Angst, Logik und Emotion. All diese Variablen stehen gerade auf der hoch volatilen Seite und bewegen sich, wie man so schön sagt, „extrem“. Bedeutet, dass man trotz geringerer Sicherheit in der Aussage den Zug zum richtigen Investment nicht verlieren möchte. Also wird alles, was sich bewegt, einer mittelfristigen Bestandsanalyse unterworfen und, wenn diese Analyse ergibt, dass das Objekt der Begierde gute Chancen hat die Zeit „nach Corona“ zu erleben, ist man dabei. Lange Jahre waren Technologiewerte in diesem Rennen an der Spitze. Unschlagbar attraktiv, weil mit charismatischen Persönlichkeiten gespickt, mit Fantasie gesegnet und in Zeiten wo Kredit nichts mehr kostet mit einem nahezu unbegrenzten Leverage ausgestattet. Auf Deutsch: gib mir eine Idee, die maximal disruptiv ist und technologisch entspricht, und ich zeige dir die Welt. Tesla und Netflix sind nicht die Einzigen in diesem Kosmos. Eine Heerschaar an talentierten Programmierern und Visionären, die alle mit den viel zu großen Schuhen von Steve Jobs durch die Investmentbanken stolpern, sind die Armee dieser Börsenauftriebe. Gewesen? Die Frage ist berechtigt wo doch die Bewertungen dieser Titel oft absurde Höhen erklommen hatten bevor sie, ja genau, noch ein Stück weiter stiegen. Die letzte Erfindung waren ja die mittlerweile breit bekannten „SPACS“. Special Acquisition Companies deren Attraktivität darin bestand, in der Rolle als Private Equity Finanzier die Börsenkandidaten aus dem eigenen Bauch am besten vermarkten zu können. Also, nicht um die Emission, das IPO, anstellen, wo man ohnehin nur Bruchteile seiner Order zugeteilt bekommt, sondern gleich die Aktien der Firma kaufen, die die Firma an die Börse entlässt. Die paar Prozente an Gebühr, die dafür anfallen, heben den erwarteten Kursgewinn durch das IPO ja mehr als auf. Eine zynische Kalkulation in dem die Gier eine deutlich erhöhte Rolle spielt.

Nun es sieht so aus, als ob diese Zeit, zumindest kurzfristig, vorüber wäre. Es werden gerade die so genannten „Value Stocks“ massiv gesucht. Und wer wissen möchte was das denn für geheimnisvolle Aktien sind, dem sei zugerufen, dass es sich um folgende Definition handelt: Werte deren fundamentale Qualität stabil gut ist und die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern diesbezüglich günstig erscheinen. Also z.B. ein gut finanziertes Stahlunternehmen, das eine Dividende bezahlt, die höher als seine Konkurrenz ist und dabei sogar noch eine Spur mehr verdient. Wenn man sich diese Argumentation durchdenkt ein logisch anmutender Selektionsprozess, den man in so ziemlich jedem Aktienportfolio vermuten wollte. Wenn, nun ja, wenn TINA nicht schon wieder im Raum wäre. Denn TINA (There Is No Alternative) verhagelt so gerne dem fundamentalen Blick die Aussicht und strebt zum liquiden und leichter handelbaren Investment. Also kommt eine dritte Komponente hinzu, nämlich jene der Handelbarkeit für all jene, die aus den Teslas dieser Welt Gewinne mitnehmen wollen um diese ziemlich großen Summen rasch in „Value Aktien“ zu investieren. Ergibt, erraten, genau die gleiche Blase wie zuvor in den Techs. Es wird gekauft was sich kaufen lässt, ohne dabei das Mäntelchen „Value“ zu verlieren.

Für Alle die sich eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten wünschen, wo Werte noch Werte waren und Fundamentaldaten noch etwas zählten, ein kleines Statement: „ned alles was an Preis hat, muaß a an Wert habn“. Vermutlich werden wir noch einmal einen Paradigmenwechsel brauchen bis wir dort angelangt sind, wo wir wieder etwas ruhiger schlafen können, nämlich dann, wenn wir uns der Qualität unserer selektierten Werte auch sicher sein können und nicht damit rechnen müssen, dass irgendein Billionenportfolio auf Aktien losgelassen wird, nur um investiert zu sein.