Fremdgesteuert im Clinch mit Erkenntnisgewinn
Das Glöckchenklingeln unterm Weihnachtsbaum gerade verklungen, die Vorsätze fürs Neue Jahr bereits dem Lockdown geopfert und aufs Übernächste verschoben, die nähere Umgebung zu Fuß entdeckt und die Glückseligkeit im sicheren Gefühl, wenn es hart auf hart geht, auch selber kochen zu können gefunden, 2020 kann jetzt ausklingen. Endlich.
Fast fragt man sich im Inneren, ob man das Jahr auch beenden darf. Ob nicht Irgendjemand dazu erst die Erlaubnis geben muss, oder gar Verhaltensregeln wie man ein solches Jahr beenden soll. Geben wir es zu, wir wurden im heurigen Jahr sehr oft fremdgesteuert. Und das gar nicht mal böswillig, sondern weil wir überlagernde Spielregeln erhalten haben, die unserem gesamten Leben eben für kurze Zeit diese Grundregeln verordnet haben. Den Kapitalmärkten ist dies nach dem ersten Schock natürlich nicht entgangen, und die haben sich in ihrer Art und Weise daran angepasst. Die Volatilität stieg im März auf 86% (!). Jeder Statistiker oder Finanzmathematiker wird diese Tage nie vergessen. So etwas passiert manchmal bei ein paar Einzelwerten, bei ganzen Märkten aber bisher noch nie in diese Höhen. Die Hektik im Handeln blieb uns während des gesamten Jahres erhalten. Völlig logisch, denn zwischen dem Wirtschaftsdrama, der Angst vor Millionen Toten und der Ungewissheit über die längerfristigen Begleiterscheinungen dieser Effekte, stand die Finanzierung durch Staatshaushalte und Notenbanken als Brücke zum Blick durch die Krise hindurch. Die Frage nach der Dauer der Pandemie wurde dadurch immer stärker mit der Frage nach der Dauer der Finanzhilfe verbunden. Nahezu alle Lebensbereiche waren von dieser Frage betroffen. Ein Fest für Politiker. Sie wurden mit dem Finger am Hilfstopf wichtiger denn je. Nicht alle sind einer solchen Herausforderung auch gewachsen. Nicht alles wurde da auch richtig gemacht, aber vieles eben versucht.
Die letzten Stunden vor einem Silvester, der uns wohl sehr lange als der ruhigste Silvester in Erinnerung bleiben wird, sind natürlich auch mit einem Blick nach vorne gesegnet. Ist ja nicht mehr lange und das Jetzt ist das Vorne. Und was sollte uns in 2021 schon erwarten? Viele gehen von einem rapiden Wirtschaftsanstieg aus. Der dritte Lockdown darf nicht und wird daher auch nicht kommen. So die generelle Meinung. Aber ist ein Lockdown angesichts der Kursanstiege während der zweiten „Welle“ so gefährlich für die Märkte? Vielleicht haben wir den Punkt erreicht wo die schiere Investitionsnot den Blick über die nächsten Monate hinaus fordert und in die erwartete Erholung hinein die Kurse bewertet. Themen dafür wird es gerade im Neuen Jahr ja genug geben.
So ist der Brexit endlich geschlagen und wird in die Geschichte als die Hinhaltetaktik des Jahrzehnts eingehen dürfen. Wer sich in ein paar Jahren als Sieger oder nicht deklarieren wird, ist jetzt egal. Jetzt gilt es damit etwas anzufangen. Und da hat der Agitationsdruck einer Pandemie die Entscheidungsmaschinerie doch recht gut geölt. Mal sehen ob das nicht auch Schwung verleihen darf und nicht nur Belastung. Auch die Energiepolitik der EU wird sich beschleunigt entwickeln. Die Schienen in Richtung E-Mobilität sind einmal gelegt. Die Weichen werden folgen. Die Industrie hat auch die diversen Unlogiken mittlerweile akzeptiert. Man arbeitet miteinander. Dadurch könnte auch die Zeit dafür bereitet werden, die wirklichen Energiethemen bei Erzeugung und Verarbeitung anzugehen. Mal sehen.
Die Investoren-Seele ist auch reiner geworden. Die nachhaltige Investition, den Themen Umwelt, Sozialverträglichkeit und Art der Steuerung zugewiesen, wird uns stärker beeinflussen als zuvor. Investieren mit gutem Gefühl als Maxime. Alles nicht so einfach. Alles nicht so logisch im erlernten Umfeld von Chance und Risiko, Ertragsoptimierung und Bewertungen umsetzbar, aber man bemüht sich.
Dies alles bedeutet auch keine Einbahnstraße in Richtung der Präferenz einiger Sektoren. Im Gegenteil, 2021 wird uns einen Haufen an Diversität liefern und ein starkes Auseinandersetzen mit den Strömungen an den Märkten und Wirtschaftsräumen abverlangen. Es werden alte, totgeglaubte Sektoren auferstehen, einfach weil man sie jetzt gerade braucht. Es werden Kompromisse getroffen werden müssen bis man die Prozesse auf die langfristigen Ziele nach Corona ausgerichtet hat und es werden unsere generellen Bedürfnisse einem Konsum- und Gesundheitswillen folgen, der sich vielleicht von dem vergangener Jahre maßgeblich unterscheidet.
All dies werden wir verarbeiten. Und wir werden daran wachsen. Denn eines ist definitiv fix: Weder Viren noch Politik noch irgendwelche Technologien werden den Willen des Individuums zur freien Gestaltung vermindern. Sie prägen vielleicht die Umstände, aber definitiv nicht die persönlichen Ziele.
Happy New Year