Corona holt den US-Dollar ein
Sieht nicht gut aus für den Greenback. Selbst ein wie Phönix aus der Corona-Asche auferstandener US-Präsident kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade der globalen Leitwährung nicht berauschend, wenn nicht gar bereits an den Kragen geht. Die gute alte Volkswirtschaft holt das Theater ums Weiße Haus gerade ein.
Die Summe der Indikatoren steigt nahezu wöchentlich an. Da ist einmal das ewig negative und seit COVID-19 deutlich verschlechterte Leistungsbilanzdefizit. Die Erholung der USA in diesem Punkt nach der Finanzkrise ist schon lange wieder verpufft, und die aktuelle Rezession samt einem Präsidenten, der mit Ausgrenzung regiert, wird da nicht viel helfen können. Zusätzlich tritt gerade, als neuer und weit unangenehmerer Faktor, das veränderte Sparverhalten der US-Einwohner in Erscheinung. Man sollte es nicht glauben, aber in USA wird durchaus gut und gerne gespart. Diese Sparquote ist als Basis der Refinanzierung von Wirtschaft und Banken enorm wichtig und still geschätzt. Rund 2,9% des BIPs pro Jahr waren es die letzten 10 Jahre. Dieser Satz ist aber im Sinkflug und allein heuer bereits auf -4,1% gefallen. Keine Verbesserung in Sicht. Corona beherrscht die Brieftaschen der Haushalte. Und gerade setzt die explodierte Staatsverschuldung dem Ganzen noch die Krone der Langfristigkeit auf.
Nun, in einem ausgeglichenen Staatshaushalt sind solche Entwicklungen kein Problem. Man borgt sich eben, zumeist kurzfristig, das Geld von anderen Staaten aus. Dieses Modell ist ja durchaus beliebt bei Staaten mit konstant hohem Leistungsbilanzdefizit. Unsere selbstbewussten Freunde über dem Ärmelkanal können beispielsweise dies Lied sehr laut und fehlerfrei singen. Aber für die USA wird es mittlerweile unangenehm, weil nicht mehr so viel globale Risikobereitschaft vorhanden ist und auch die Kapitalmärkte weder mit hohen Zinsen noch mit tiefen Bewertungen mehr locken. Und so bleibt der Euro in Euroland, der Yen in Asien und der Yuan sickert trickreich in die restliche Welt. „America first“ verkehrt sich hier zum gewaltigen Bumerang, denn selbst wenn man wollte, Mr. & Ms America hat oder will nix mehr so offenherzig in den Topf der Finanzwelt legen. Da braucht es schon mehr Anreize. Und genau diese, nämlich höhere Zinsen, sind gerade ganz schlecht. Da hat der Virus gewaltig was dagegen.
Die USA können gerade froh sein, wenn andere Staaten ebenso tief in den Schuldentopf greifen. Dann fällt es nicht so auf, dass man gemeinsam auf dem Weg nach Unten marschiert. Zölle hin oder her. Nur, immer weniger Staaten getrauen sich diesen Schritt zu tun, Schulden bei reduzierter Perspektive erhöhen. Die Verfehlungen der letzten 20 Jahre, eine funktionierende Infrastruktur samt sozial tragfähiger Arbeitswelt zu schaffen, holen Big USA deswegen gerade gnadenlos ein.
Der, der dies alles sichtbar macht, ist der US-Dollar.
Dessen Außenhandelswert ist die letzten Jahre zwar konstant gestiegen bis er aber im April dieses Jahres den Weg zurück angetreten hatte. Und dieser Weg könnte durchaus lange sein, denn gegen andere Währungskörbe betrachtet, errechnet sich ein Potential der „Überbewertung“ von bis zu 27%.
Diesbezüglich auf die kommende Präsidentschaftswahl in USA zu hoffen, ist vergebens. Jeder neue oder alte Präsident wird sich mit Finanzhilfen um die Wirtschaft kümmern müssen. Geld, das der Sparer nicht mehr hat, also ab auf die internationalen Märkte und dort herrschen nackte Zahlen und Fakten. Da wird man tiefer in die Tasche greifen müssen als gewohnt. Das macht die Erholung schwieriger und länger. Die Währung nimmt dies vorweg, der US-Dollar bleibt skeptisch beäugt.
Aus Sicht Eurolands, ich „verschlucke“ mich immer am Begriff „Europa“, aber UK wird ja nun wirklich bald nicht mehr dazu gehören, eine Entwicklung die vorerst noch ein Vorteil sein müsste. Die Industrie meldet, dass erst eine Euro-Dollar-Relation von 1,25-1,30 zu Nachteilen im Export führen dürfte. Derzeit handeln wir bei 1,18. Inzwischen hat Euroland auch begonnen, beispielsweise in der Umwelttechnologie an Kompetenz zuzulegen. Ein neuer Präsident Biden dürfte hier als Käufer infrage kommen, was kurzfristig sogar die Währungsrelation überlagern müsste.
So betrachtet, ist die Wahl zum US-Präsidenten eine Facette reicher geworden und Euroland eine weitere Stufe höher gestiegen.