01.09.2020

Wer fürchtet sich vor Inflation?



Das ewige Versprechen, das permanente Ziel, die herbeigezwungene Inflation die nie kam, kommt die jetzt? Die Frage sei erlaubt umzuformulieren: darf sie jetzt kommen? Wir haben gerade dermaßen viele inflationäre Faktoren auf der volkswirtschaftlichen Werkbank liegen, dass man sich schon fragen darf, welche davon imstande sein wird sich durchzusetzen und welche wieder ungesehen im Säckel vom Finanzminister verschwindet?

In den USA hat man ja die letzten Jahre eine etwas liberalere Handhabe von Inflation und Renditen gelebt. Während in Euroland die durch die EZB erzwungenen Negativrenditen ihre inflationäre Wirkung nie entfalten durften, weil gleichzeitig die Regularien verschärft wurden und somit die Freizügigkeit der Kreditvergaben sofort eingebremst wurde, sind die USA mit ihrer aktuellen Renditesituation im direkteren Konflikt mit Inflation. Erstmals seit ewigen Zeiten sank die Rendite 10jährger US-Treasuries unter die amtliche Inflationsrate. Corona eh klar, und jetzt beginnt sie wieder darüber hinweg zu steigen. Die Erwartungshaltung nimmt daher breiteren Raum ein, dass, wenn die Finanzmaßnahmen der USA, die mehr auf die Erhaltung des privaten Konsums ausgelegt sind als in Euroland, auch die Inflation stärker steigen lassen würden und somit auch einen Sogeffekt auf die Renditen der US-Treasuries ausüben würden. Nachdem die Perspektiven der Inflation in Euroland eher konträr dazu verlaufen, müsste sich dadurch demnächst ein Renditespread zwischen den beiden Wirtschaftsräumen öffnen, der Geldströme, Investitionsströme und somit auch artverwandte Asset-Klassen erfassen müsste. Wir werden sehen wie weit die Arbitrage gehen wird.

Was wir in diesen Zeiten vor unserer Nasenspitze aber sehen ist, dass die inflationstragenden Güter durchaus interessante Eigenleben inzwischen entwickeln. Der kommunizierten Wirtschaftsschwäche haben sich die Energiepreise gegenüber offensichtlich taub gestellt. Strom, Gas, Öl, alle im lustigen Aufwärtsdrang. Ob das damit zu tun hat, dass der Staat satt daran mitverdient? Man weiß es nicht. Oder die Lebensmittelpreise, die seit dem Run aufs Klopapier, kaum eine Phase solch gut laufenden Geschäfts erlebt hatten. Nahezu jedermann ist noch immer vom Geiste der Reservehaltung geprägt, Kochen zu Hause hat stille Höhen erklommen und wer nicht auf Urlaub fährt, isst auch geografisch gesehen zu Hause. Restaurant- oder Einkaufsgutscheine täuschen vielleicht darüber hinweg, Fakt ist aber, dass in vielen Produkten die Preise zweistellig gestiegen sind. Bleiben die Mieten, die durchaus stabil blieben, aber in Relation zum verfügbaren Einkommen als Sieger durchs Ziel laufen. Kurz: die private Inflation ist auf Rekordkurs angekommen. Die staatlich kommunizierte Inflation ist aber noch in ihren mehrjährigen Anpassungsmechanismen verstopft und zeigt gar nicht das aktuelle Realitätsbild. So steigen die Preise für Gebrauchtwagen, aber nicht für die hoch gewichteten Neuwagen, die Kosten für Fernreisen sind noch immer im Korb, aber kaum jemand fliegt und der im Inflationskorb auch gut gewichtete letzte Theater- oder Kinobesuch ist auch schon eine Weile her. Bedeutet am Ende, dass wir wieder einmal von der Geschwindigkeit der Veränderung von Konsumgewohnheiten überholt wurden.

An den Kapitalmärkten bedeutet das wohl, dass die offizielle Erkenntnis steigender Inflation in Euroland noch etwas auf sich warten lassen wird. Die heimischen Bondmärkte dürften sich darüber aber nur kurz freuen, weil aus USA ein Arbitragewettkampf droht. Die Aktienmärkte werden dagegen, allein schon wegen der Berichte und Kommentare der einzelnen Unternehmen zu ihrem Geschäftsumfeld, als Indikator für steigende Preise gelten dürfen, was parallel auch bei den Währungsrelationen sichtbar und am schnellsten von den einzelnen Aktiensektoren umgehend verarbeitet werden wird. Der Blick auf Euro-Dollar wird somit zum künftigen Muss.



01.09.2020

Wer fürchtet sich vor Inflation?



Das ewige Versprechen, das permanente Ziel, die herbeigezwungene Inflation die nie kam, kommt die jetzt? Die Frage sei erlaubt umzuformulieren: darf sie jetzt kommen? Wir haben gerade dermaßen viele inflationäre Faktoren auf der volkswirtschaftlichen Werkbank liegen, dass man sich schon fragen darf, welche davon imstande sein wird sich durchzusetzen und welche wieder ungesehen im Säckel vom Finanzminister verschwindet?

In den USA hat man ja die letzten Jahre eine etwas liberalere Handhabe von Inflation und Renditen gelebt. Während in Euroland die durch die EZB erzwungenen Negativrenditen ihre inflationäre Wirkung nie entfalten durften, weil gleichzeitig die Regularien verschärft wurden und somit die Freizügigkeit der Kreditvergaben sofort eingebremst wurde, sind die USA mit ihrer aktuellen Renditesituation im direkteren Konflikt mit Inflation. Erstmals seit ewigen Zeiten sank die Rendite 10jährger US-Treasuries unter die amtliche Inflationsrate. Corona eh klar, und jetzt beginnt sie wieder darüber hinweg zu steigen. Die Erwartungshaltung nimmt daher breiteren Raum ein, dass, wenn die Finanzmaßnahmen der USA, die mehr auf die Erhaltung des privaten Konsums ausgelegt sind als in Euroland, auch die Inflation stärker steigen lassen würden und somit auch einen Sogeffekt auf die Renditen der US-Treasuries ausüben würden. Nachdem die Perspektiven der Inflation in Euroland eher konträr dazu verlaufen, müsste sich dadurch demnächst ein Renditespread zwischen den beiden Wirtschaftsräumen öffnen, der Geldströme, Investitionsströme und somit auch artverwandte Asset-Klassen erfassen müsste. Wir werden sehen wie weit die Arbitrage gehen wird.

Was wir in diesen Zeiten vor unserer Nasenspitze aber sehen ist, dass die inflationstragenden Güter durchaus interessante Eigenleben inzwischen entwickeln. Der kommunizierten Wirtschaftsschwäche haben sich die Energiepreise gegenüber offensichtlich taub gestellt. Strom, Gas, Öl, alle im lustigen Aufwärtsdrang. Ob das damit zu tun hat, dass der Staat satt daran mitverdient? Man weiß es nicht. Oder die Lebensmittelpreise, die seit dem Run aufs Klopapier, kaum eine Phase solch gut laufenden Geschäfts erlebt hatten. Nahezu jedermann ist noch immer vom Geiste der Reservehaltung geprägt, Kochen zu Hause hat stille Höhen erklommen und wer nicht auf Urlaub fährt, isst auch geografisch gesehen zu Hause. Restaurant- oder Einkaufsgutscheine täuschen vielleicht darüber hinweg, Fakt ist aber, dass in vielen Produkten die Preise zweistellig gestiegen sind. Bleiben die Mieten, die durchaus stabil blieben, aber in Relation zum verfügbaren Einkommen als Sieger durchs Ziel laufen. Kurz: die private Inflation ist auf Rekordkurs angekommen. Die staatlich kommunizierte Inflation ist aber noch in ihren mehrjährigen Anpassungsmechanismen verstopft und zeigt gar nicht das aktuelle Realitätsbild. So steigen die Preise für Gebrauchtwagen, aber nicht für die hoch gewichteten Neuwagen, die Kosten für Fernreisen sind noch immer im Korb, aber kaum jemand fliegt und der im Inflationskorb auch gut gewichtete letzte Theater- oder Kinobesuch ist auch schon eine Weile her. Bedeutet am Ende, dass wir wieder einmal von der Geschwindigkeit der Veränderung von Konsumgewohnheiten überholt wurden.

An den Kapitalmärkten bedeutet das wohl, dass die offizielle Erkenntnis steigender Inflation in Euroland noch etwas auf sich warten lassen wird. Die heimischen Bondmärkte dürften sich darüber aber nur kurz freuen, weil aus USA ein Arbitragewettkampf droht. Die Aktienmärkte werden dagegen, allein schon wegen der Berichte und Kommentare der einzelnen Unternehmen zu ihrem Geschäftsumfeld, als Indikator für steigende Preise gelten dürfen, was parallel auch bei den Währungsrelationen sichtbar und am schnellsten von den einzelnen Aktiensektoren umgehend verarbeitet werden wird. Der Blick auf Euro-Dollar wird somit zum künftigen Muss.