17.09.2019

Das Geschäftsmodell „Krise“



Vielleicht ist es dem laufenden Wahlkampf in Österreich geschuldet, vielleicht einem Hinterfragen, ob der Zug, alles nachhaltig zu bewerten auch bei der Frage nach der Nachhaltigkeit von Krisen endet, Fakt ist, die Sensibilität gegenüber der Definition „Krise“ sinkt permanent. So viele neue Krisen wie derzeit gab es selten zuvor. Wir sind nahezu umringt von ihnen.

Bevor wir uns nun alphabetisch an den Krisen emporarbeiten (Ausländerproblematik, Argentinien, Alterspflege, arabisches Öl ist grad über Nacht dazu gekommen und dahinter wartet schon Bienensterben, Brasiliens Urwald, …) vielleicht ein Gedanke an jene Art von Krise die uns an den Kapitalmärkten berührt. Und das ist jede Krise die Kurse und Werte an Kapitalmärkten bewegt. Klar. Damit wird der Passus „Sentiment“, nämlich jene Gefühlsrichtung die mit dem Empfinden einer solchen Krise verbunden ist, mitgeliefert. Und, sind wir uns ehrlich, heutzutage geht es offenbar nur mehr um dieses Sentiment. Hard Facts wirken hier eigentlich sogar störend, weil sie zumeist beruhigend relativieren.

Wenn man glaubt, dass dies alles vielleicht nicht so ist, weil, ehklar, das Öl brennt ja , und uhh, was wenn wir deswegen morgen nicht mehr den Dodge RAM volltanken können, verkennt man die Zielrichtung. Es leben nämlich jede Menge unserer Entscheidungsträger von diesem Sentiment. Und das gar nicht mal so schlecht. Zum Beispiel unsere Finanzminister. Ich kenne keinen einzigen von ihnen, der sich über die tiefen Zinsen und Renditen wirklich beschwert hat, obwohl diese ja merken müssten, dass es in etlichen Sektoren und Branchen gerade deswegen immer zäher (wenn überhaupt) voran geht. Nein, denn dann würde ja der Brunnen nicht mehr sprudeln an dem man sich so gütlich tut. Also, Krisenmanagement muss her. Weil wir haben ja (noch immer) eine Krise. So überrascht es gar nicht, dass kurz nachdem in Euroland die ultranegativen Renditen wieder in Richtung Null steigen könnten sofort eine Erwartungshaltung propagiert wird, dass demnächst, also quasi knapp vor der Türe stehend, Tariferhöhungen aus USA passieren werden. Tarife ziehen halt immer. Und schon sinken die Renditen wieder. Das Geschäftsmodell Staats-Refinanzierung ohne Leistung ist wieder intakt. Genauso der globale Ölmarkt. Ein permanentes Hin- und Her-Argumentieren von Ölproduzenten, die sich als Wohltäter ihrer Wirtschaft aufspielen und deswegen tiefere Ölpreise fordern, obwohl sie höhere wollen. Die eigene Strategie wird permanent durch Beschuldigen irgendwelcher Nationen überdeckt.

Die Kapitalmärkte sind langsam aber doch in die Phase eingetreten wo die sture Definition einer Krise nicht mehr ausreicht um mittelfristig das Sentiment zu bestimmen. In UK liefert mittlerweile nur mehr die Suche nach der nächsten Brexit-Absurdität Aufmerksamkeitshöhepunkte. In den USA wird die Marktreaktion nach einem drohenden Zwitschern immer geringer, jene auf positive und besänftigende Töne hingegen nimmt zu. In der EU lässt ein finster dreinblickender Mario Draghi keinen Bondmanager mehr in Ehrfurcht erzittern, im Gegenteil, er wird plötzlich als schlauer Fuchs tituliert, der seinen baldigen Abgang einfach nur mit der Formulierung langfristiger Konsequenzen garniert.

Und zum Schluss noch etwas Positives und das gerade vom österreichischen Wahlkampf. Nein, es ist nicht das Wort „Börse“ im Zusammenhang mit Verantwortung, Selbstregulierung oder Wachstum gefallen. Es fiel gar nicht (auch das könnte man schon als positiv bewerten). Was aber so positiv ist, ist die Tatsache, dass bisher nicht mit irgendeinem schlechten Zustand der österreichischen Wirtschaft, als in einer „Krise“ befindlich oder kurz vor einer solchen stehend, gewettert wurde. Der Idealzustand scheint erreicht. Wenn alles gut ist, kann man es nicht mehr als „schlecht“ benutzen. Somit trösten wir uns: Der einzig erkennbare Vorteil, wenn man im Politgeschehen den Kapitalmarkt ausblendet, ist jener, dass man diesen dadurch auch nicht verbal missbrauchen braucht.

Fast schon bullish.



17.09.2019

Das Geschäftsmodell „Krise“



Vielleicht ist es dem laufenden Wahlkampf in Österreich geschuldet, vielleicht einem Hinterfragen, ob der Zug, alles nachhaltig zu bewerten auch bei der Frage nach der Nachhaltigkeit von Krisen endet, Fakt ist, die Sensibilität gegenüber der Definition „Krise“ sinkt permanent. So viele neue Krisen wie derzeit gab es selten zuvor. Wir sind nahezu umringt von ihnen.

Bevor wir uns nun alphabetisch an den Krisen emporarbeiten (Ausländerproblematik, Argentinien, Alterspflege, arabisches Öl ist grad über Nacht dazu gekommen und dahinter wartet schon Bienensterben, Brasiliens Urwald, …) vielleicht ein Gedanke an jene Art von Krise die uns an den Kapitalmärkten berührt. Und das ist jede Krise die Kurse und Werte an Kapitalmärkten bewegt. Klar. Damit wird der Passus „Sentiment“, nämlich jene Gefühlsrichtung die mit dem Empfinden einer solchen Krise verbunden ist, mitgeliefert. Und, sind wir uns ehrlich, heutzutage geht es offenbar nur mehr um dieses Sentiment. Hard Facts wirken hier eigentlich sogar störend, weil sie zumeist beruhigend relativieren.

Wenn man glaubt, dass dies alles vielleicht nicht so ist, weil, ehklar, das Öl brennt ja , und uhh, was wenn wir deswegen morgen nicht mehr den Dodge RAM volltanken können, verkennt man die Zielrichtung. Es leben nämlich jede Menge unserer Entscheidungsträger von diesem Sentiment. Und das gar nicht mal so schlecht. Zum Beispiel unsere Finanzminister. Ich kenne keinen einzigen von ihnen, der sich über die tiefen Zinsen und Renditen wirklich beschwert hat, obwohl diese ja merken müssten, dass es in etlichen Sektoren und Branchen gerade deswegen immer zäher (wenn überhaupt) voran geht. Nein, denn dann würde ja der Brunnen nicht mehr sprudeln an dem man sich so gütlich tut. Also, Krisenmanagement muss her. Weil wir haben ja (noch immer) eine Krise. So überrascht es gar nicht, dass kurz nachdem in Euroland die ultranegativen Renditen wieder in Richtung Null steigen könnten sofort eine Erwartungshaltung propagiert wird, dass demnächst, also quasi knapp vor der Türe stehend, Tariferhöhungen aus USA passieren werden. Tarife ziehen halt immer. Und schon sinken die Renditen wieder. Das Geschäftsmodell Staats-Refinanzierung ohne Leistung ist wieder intakt. Genauso der globale Ölmarkt. Ein permanentes Hin- und Her-Argumentieren von Ölproduzenten, die sich als Wohltäter ihrer Wirtschaft aufspielen und deswegen tiefere Ölpreise fordern, obwohl sie höhere wollen. Die eigene Strategie wird permanent durch Beschuldigen irgendwelcher Nationen überdeckt.

Die Kapitalmärkte sind langsam aber doch in die Phase eingetreten wo die sture Definition einer Krise nicht mehr ausreicht um mittelfristig das Sentiment zu bestimmen. In UK liefert mittlerweile nur mehr die Suche nach der nächsten Brexit-Absurdität Aufmerksamkeitshöhepunkte. In den USA wird die Marktreaktion nach einem drohenden Zwitschern immer geringer, jene auf positive und besänftigende Töne hingegen nimmt zu. In der EU lässt ein finster dreinblickender Mario Draghi keinen Bondmanager mehr in Ehrfurcht erzittern, im Gegenteil, er wird plötzlich als schlauer Fuchs tituliert, der seinen baldigen Abgang einfach nur mit der Formulierung langfristiger Konsequenzen garniert.

Und zum Schluss noch etwas Positives und das gerade vom österreichischen Wahlkampf. Nein, es ist nicht das Wort „Börse“ im Zusammenhang mit Verantwortung, Selbstregulierung oder Wachstum gefallen. Es fiel gar nicht (auch das könnte man schon als positiv bewerten). Was aber so positiv ist, ist die Tatsache, dass bisher nicht mit irgendeinem schlechten Zustand der österreichischen Wirtschaft, als in einer „Krise“ befindlich oder kurz vor einer solchen stehend, gewettert wurde. Der Idealzustand scheint erreicht. Wenn alles gut ist, kann man es nicht mehr als „schlecht“ benutzen. Somit trösten wir uns: Der einzig erkennbare Vorteil, wenn man im Politgeschehen den Kapitalmarkt ausblendet, ist jener, dass man diesen dadurch auch nicht verbal missbrauchen braucht.

Fast schon bullish.