Die Zyklik von Schwalben
Der gute alte Äsop aus dem historischen Griechenland wäre sicher ein frustrierter Börsianer würde er in unseren Zeiten leben. Er hatte damals ja eine Schwalbe gesehen, sich deswegen auf den kommenden Sommer gefreut und, weil er ihm dadurch nicht mehr erforderlich erschien, von seinem Mantel getrennt, ihn verkauft. Nun, wir kennen die Geschichte, der einen Schwalbe folgten keine anderen nach, der Sommer blieb aus und unser guter alter Äsop fror, dass es eher ein Entenschnattern als ein Schwalbenzwitschern war das man hörte. Lustig, dass das bevorzugte Medium mit dem uns Donald Trump an seinen Weisheiten teilhaben lässt, Twitter, also Zwitschern, heißt. Wir lauschen ja auch mittlerweile nicht mehr auf jedes einzelne Zwitschern. Auch uns ist inzwischen manchmal kalt geworden. Doch erfreulicherweise sind wir ja alle schnell lernfähig und betrachten Information, insbesondere von einigen Politikern, mittlerweile als das was sie sehr oft ist, wechselhaft.
Wer jetzt an das Wetter denkt ist gar nicht mal so abwegig unterwegs. Der Sommer war toll und neben den wohlverdienten Urlaubstagen auch durchaus produktiv. Im Verarbeiten von Unwägbarkeiten, Akzeptieren geänderter Umstände und dem Anpassen an all diese Begleiterscheinungen. Es zeigte sich in Folge dessen, dass selbst nach den wüstesten Bedrohungen bei Handelskonflikt und Brexit die Märkte einen positiven Weg aus diesem Zustand zu antizipieren begannen. An den Aktienmärkten sieht man dies an der Zunahme von Investments in zyklisch geltenden Werten. An den Bondmärkten genügte dagegen ein, spät aber doch, erfolgender Kommentar seitens einiger Sprecher der EZB (Mario der Große bleib vorerst still), dass man nicht gedenke, ein QE (das als Quantitative Easing bekannt gewordene Bondkaufprogramm. Allein die Bezeichnung QE ist mittlerweile als komplett fehl enttarnt worden. Hat überhaupt nichts erleichtert.) wieder zu starten. Spät aber doch hat hier die EZB den Kopf aus der Schlinge rund um die Narrenkappe der Anleihenmärkte gezogen, nämlich als „Dümmster im Raum“ die ultrateuren Bonds zu kaufen die davor vom Markt genau deswegen nach Oben gespielt wurden.
Interessant, dass sehr viele Marktteilnehmer jetzt vor genau demselben Dilemma zu stehen scheinen wie noch vor einigen Monaten, nur damals mit umgekehrten Vorzeichen: man getraut sich der Veränderung in der Präferenz der Märkte noch nicht zu glauben. Selbst historische Tiefststände bei Aktienbewertungen werden als noch immer notwendig mit dem Hinweis auf baldigst kommendes Schlimmeres bekräftigt. Die immanente Annahme dahinter, dass die Konjunktur auf längere Sicht nicht mehr wachsen würde wird dabei stillschweigend akzeptiert, so unwahrscheinlich dies auch zu belegen wäre. Große Tanker drehen sich sehr langsam um und so ist es auch mit den geübten Ansichten und annahmen vieler Börsianer. Ganze Legionen von Börsenweisheiten und Büchern wurden um diesen Effekt herum schon geboren.
Wäre ja gar nicht einmal so unangenehm, gerade jetzt beim Dreh des Börsentankers dabei zu sein. Wenn die Erwartung, dass es „nicht gar so schlimm wie befürchtet“ werden würde und deswegen die an der Börse knapp als Value-Werte beschrieben Aktien zu laufen beginnen, mehr und mehr Raum greifen könnte. Vielleicht fliegt ja bereits die erste Schwalbe vom hinter der Einen fliegenden Schwarm gleich um die Ecke. Und gleich wird es wieder wärmer …