So ein Notenbanker hat’s schwer
Kaum hat man das Wirtschaftswunder geschafft und die USA glänzen im frischpolierten Wachstum, kommt so ein Präsident daher und ordnet alles seinem Twitter-account unter. Hauptsache die Leut‘ haben was zum Reden und merken nicht wie ahnungslos man in Wirklichkeit ist. Doch ganz so einfach lässt sich das Volk auch nicht täuschen und je mehr Zweifel an Mr. Trump aufkommen umso wilder werden die Agitationen um am Ende bei der Notenbank als größte Bank im Lande anzukommen und diese zur „Mitarbeit“ aufzufordern andernfalls wird irgendwer „gefeuert“.
Jerome Powell kann einem vielleicht leidtun, als er sich aber vor einigen Jahren von ebendiesem Donald Trump ins Amt heben ließ war ihm das jedoch durchaus recht. Selber Schuld möge man meinen. Die Häme bleibt aber doch im Halse stecken denn die Personalpolitik in den Top-Ämtern der USA endet nicht bei der Besetzung einer Notenbank. Das Muster gleicht sich nahezu überall. Ein Sieger der kein Looser ist. Anyhow, die FED muss entscheiden, die FED wird entscheiden und die FED wird deshalb nicht nur bei den Zinsen sondern auch an den Börsen eine Richtungsänderung bewirken.
Der Grund dafür und das Zauberwort schlechthin heißt: Inflation.
Über Inflation spricht man in Euroland schon gar nicht mehr. Der Zielkorridor dieser volkswirtschaftlichen Geldentwertungsgröße ist zum x-ten Mal mit 2% angegeben worden, im Wissen, dass es wohl mehr als ein paar Negativzinsrunden braucht um eine solche Höhe zu erreichen. Da gehört schon ein ganz ein bisschen Zukunftswille und Perspektive dazu, sonst passiert was eben passiert, man sitzt auf Cash das langsam immer weniger wird. In den USA hingegen gilt das Wort „Inflation“ noch. Der Glaube an das volkswirtschaftlich vernetzte Wirken ist hier noch intakt während uns Europäern dieses Verständnis mittlerweile komplett abtrainiert zu sein scheint.
Powell wird nun etwas machen müssen, das er eigentlich nicht will. Sich dem offensichtlichen Willen des Präsidenten unterzuordnen und schön brav die Zinsen wieder zu senken die man mühsam erst, dem Wachstum folgend, erhöht hatte. Es wird diesmal aber einen Effekt haben der so gar nicht angenehm sein wird: die Anleihen werden sinken trotzdem die kurzfristigen Zinsen gesenkt werden. Ups, ob das auch im Kalkül von Mr. President enthalten ist?
Der Grund ist auf den ersten Blick nicht gleich erkennbar dafür aber danach klar: man wird die Inflation, im Gegenzug zu Europa, anheizen können. Steigende Inflation bedeutet auch steigende Langfristzinsen, bedeutet fallende Long-Bonds. Das Ergebnis der letzten Auktion 30 jähriger US-Anleihen spricht bereits Bände. Das angebotene Volumen wurde nicht zum gewünschten Renditeniveau platziert, sondern erst auf einem deutlich Höheren. Die Einbahnstraße Bondmarkt wird holpriger und kurviger.
Die bisherige Parallelität zwischen Bond- und Aktienmärkten ist inzwischen auch schon Geschichte geworden. Endlich sieht man wieder das Muster zweier gegenläufiger Märkte. Bonds fallen und Aktien steigen und umgekehrt. Einzig das Niveau auf dem diese Beiden ihre „Normalität“ üben ist etwas außerhalb der Norm, aber wir sind ja bereits Einiges gewohnt. Des Kaisers Kleider sind negativ verzinst.
Es dürfte daher wie schon so oft wieder nicht aus Europa oder gar Japan der Trendumschwung bei den Bonds kommen sondern aus den USA. Und das deswegen weil dort die ökonomischen Parameter noch immer miteinander funktionell verzahnt sind was in Europa mittlerweile zumindest stark anzuzweifeln ist. Bedeutet: wenn die USA das Ziel Inflationserhöhung anvisieren, dann werden sie es wohl auch schaffen.
Die US-Börsen werden sich rasch anpassen während Europa dagegen von den Entwicklungen in USA abhängig bleiben wird. Eben weil im Gegenzug zur FED die EZB derzeit nicht so funktionieren kann wie sie sollte. Bevor fiskalpolitische Maßnahmen in der EU geschehen die eine höhere Unabhängigkeit und mehr Selbstkontrolle auslösen würden werden wir wohl noch einige Zeit warten müssen.