Handelskriege und die Transparenz
Seit Wochen hören wir Töne aus den USA, dass die Welt erkennen sollte, wer der Boss am Globus ist, und jetzt Schluss gemacht wird mit unfairen Praktiken. Daher, tönt man, geht auch deren lange strapazierte Geduld zu Ende und Strafzölle gegen schamlose Geschäftspraktiken werden eingesetzt. Empörung und Gezeter in Europa die Folge. Klar, weil freier Wettbewerb sieht anders aus. Die Reaktion ist evident, jeder sieht gleich nach, welche Karten er im Spiel des globalen Handels hat und versucht diese so gut es geht neu zu mischen.
Nun geht es darum, erneut zu erkennen worin man gut ist, worin man dagegen heimische Förderungen braucht, und worauf die anderen Nationen Begehrlichkeiten entwickeln können. Gleichzeitig müsste man auch ableiten, wie wichtig die Güter der Anderen oder die Konsumenten der Anderen für einen selbst sind. Ein normaler, quasi täglich am Globus geübter Prozess. Jetzt wird dieser eben nur in größerem Ausmaß und viel schneller als sonst vollzogen.
Wichtig dabei ist aber auch die Erkenntnis, dass es ebenso bei uns in Europa etliche Strafzölle gibt, und das schon seit Langem. Wer sich also beschwert, die USA hätten einen Zoll von 2,5% auf Autoimporte in der Schublade, der vergisst dabei vielleicht, dass die EU seit Langem US-Autos mit 10% „bezollt“. Hatte schon seine Gründe, wir erinnern uns an die staatliche Stütze aus Washington an GM, die so gar nicht in den freien Markt passte, aber Zoll ist halt Zoll. Und Glashaus ist Glashaus. Von Agrargütern sprechen wir dabei noch gar nicht.
Die Chinesen spielen natürlich in dem ganzen Theater auch eine, wenn nicht vordergründig, Hauptrolle. Geübt zurückhaltend, ja fast schon kirchlich distanziert wirkend, ist es die halb versteckte staatliche Intervention bei Grundstoffen oder Industriegütern, die den anderen Nationen, insbesondere den USA, unter den Nägeln brennt. Protektionismus ist in China einer der Eckpfeiler des wirtschaftlichen Wachstumsprozesses. So lange China schön brav US-Treasuries kaufte und nebenher billig produzierte, war das ja toleriert. Nur jetzt drängt der lächelnde Riese als globaler Dienstleister und Konkurrent auf die Bühne. Kein Wunder, dass dies, auch den Anderen, nicht allein den USA, schön langsam unangenehm wird. Die USA preschen da jetzt vor und nehmen, vielleicht doch taktisch, gleich den ganzen Globus ins Visier. Das wahre Ziel erscheint aber ziemlich sicher, China zu sein.
Und die Chinesen sind da gar nicht so zahm wie oberflächlich betrachtet. China handelt seit Mitte Februar Ölkontrakte in Yuan, dies direkt mit Russland und dem Iran. Kein US-Dollar mehr eingebunden. Die globale Leitwährung freut das sicher nicht. Mitte März soll der Gold-Future in Yuan folgen. Selber Effekt. Dollar wird hier nicht mehr gebraucht. Für ein Land wie die USA, die ein nahezu permanentes Handelsbilanzdefizit haben ist dies really bad news. Die USA sind ja quasi dadurch angewiesen täglich mehr US-Dollars an den Globus zu verkaufen, als andere Währungen einzukaufen. Wenn dies dem Gebot der Attraktivität via Sicherheit oder Massentauglichkeit nicht mehr entspricht und man kauft beispielsweise mehr Yuan, bleibt Big Apple nur der Weg billiger zu werden. Tut weh, weil im Umkehrschluss ja die Importe entsprechend teurer werden. Absturz Britisches Pfund nach Brexit Paradebeispiel.
Was daher Not tut, ist eine neue Offenheit zu finden. Einen Weg, miteinander Klartext zu sprechen, ohne dabei den Populismus in den Vordergrund zu stellen. Wenn also eine Petition von 45 (!) Handelsverbänden in den USA ihren Mr. President ersucht, die Aggressivität aus dem Spiel zu nehmen und sich stattdessen gemeinsam mit anderen Nationen auf eine Vorgehensweise gegen unfaires Verhalten Einzelner zu verständigen, dann ist das eine gute Entwicklung. Dann verhindert dies Gegenaktionen, die am Ende nur die Konsumenten aller Nationen treffen, weil die über alle Bereiche perfekt ausbalancierte Wirtschaft eben keiner auf unserem Planeten hat. Jeder braucht den Anderen in irgendeiner Weise. Sei es Rohstoffe, Arbeitskräfte, Wissen oder Konsumenten. Zeit einmal solche Grunderkenntnisse zu wiederholen und auch auf den Tisch zu legen. Dann hört sich auch das hektische Hin und Her Gehopse an den Börsen auf und macht einer unternehmensnahen Bewertung wieder Platz.