Erinnerungen fließen in die Märkte ein ...
„Kannst Du Dich noch erinnern? Damals. Ja genau. Wie schön war das. Wie jung waren wir. Wie rüde wurden wir danach wieder ins Leben zurückgeholt.“ Solche oder ähnliche Momente sind seit einigen Tagen in den europäischen Aktienmärkten spürbar. Da geht es aber nicht um sentimentale Ausflüge etlicher Zurückgelassener, die in weinseliger Verzückung wieder „jung“ werden wollen, sondern um ökonomische Erkenntnisgewinne aus vergangenen Tagen. Euroland wird nämlich gerade „wieder entdeckt“.
Die Zeit nach der Einführung des Euro war nämlich eine der prosperierendsten und besten Europas und logisch der Eurozone. In diesen Jahren hat Euroland selbst die USA massiv in ihrer BIP-Entwicklung hinter sich gelassen. Ein Kontinent war im Aufbruch. Gestoppt nur durch die Finanzkrise und deren Auswirkungen. Aus einem massiven BIP-Vorsprung ist dadurch mittlerweile wieder ein Gleichstand geworden. Das Bemerkenswerte daran ist aber, dass seit der Finanzkrise die USA der Eurozone BIP-konform um rund 35% „enteilt“ ist, nur um wieder am selben Level wie Euroland zu landen. Soweit waren wir den USA bereits voraus! Es würgt sich wieder der Erkenntnisreflex nach Oben, ob wir, sprich Europa, hier für die Verfehlungen der USA nicht bewusst zur Kasse gebeten wurden um uns einzubremsen. Stimmt aber sicher nur zum Teil, denn an der Behandlung der Effekte aus dieser Krise sind wir schon selber schuld. Andererseits gab es wiederum genug Einflüsterer aus dem Land der Tapferen und es gibt nach wie vor jede Menge davon. Naja, Verschwörungstheorien sind eben auch eine Art Erholung des Geistes.
Fakt ist aber, dass die politischen Ereignisse der letzten Jahre naturgemäß auch immer wieder als Risikopotential an den Kapitalmärkten verarbeitet werden mussten. Das Ausbleiben der Manifestation dieser Risiken im Verein mit selbstbewussten Unternehmen schuf dann die Basis von der man jetzt in die Zukunft interpretiert und analysiert. Und genau in diese Gedanken mischt sich mehr und mehr die Erinnerung an die „guten alten Tage vor der Krise“ hinein. Selbstbewusstsein beginnt zu entstehen und im Verein mit guten Unternehmensergebnissen wächst dieses Selbstbewusstsein auch durch Performance.
Es verwundert daher nicht, dass es gerade die internationalen Investoren sind, die diese Effekte bewusst erkennen und bewerten. Die Eurozone profiliert sich am Globus mehr und mehr. Aus heimischer Sicht ist fast logisch der globale Blick immer etwas getrübt, weil eben auch die viel tiefere Auseinandersetzung mit Markt und Unternehmen die Aufmerksamkeit dominiert. Die lokalen Spezialisten bilden daher fast zwangsweise zumeist die zweite Reihe der globalen Investitionsströme.
Träumen tut gut und man braucht es auch. Von einer Rückkehr Eurolands in die Spitzenzone globalen Wachstums ist noch nicht zu reden, aber der Weg dorthin ist glaubwürdiger geworden. Nicht zuletzt, weil es Euroland bereits einmal bewiesen hat, dass es dazu im Stande ist.