Wer fürchtet sich vorm Christ-Kind?
Als im Jahr 1997 vor der Küste Perus ein abnormer Anstieg der Meerestemperatur gemessen wurde war es später Dezember. Peruaner sind durchaus gläubige Menschen und haben demzufolge diese periodisch auftretende Erscheinung immer schon mit Weihnachten in Verbindung gebracht und daher „El Nino“, das Christkind, getauft. Doch 1997 war anders, weit stärker als bisher. Der im Jahr darauf global messbare Anstieg der Meerestemperaturen samt diesen begleitende ökologische Veränderungen hat sich seither in unser Wissen gebrannt. El Nino war für viele Dürren und Wetterkatastrophen verantwortlich. Zwar gab es dieses Wetterphänomen auch davor bereits, aber nur in gemildertem Masse in bis zu 7 jährigen Zyklen. So stark war er bis dahin noch nie ausgefallen. Jetzt aktuell sind aber die Meteorologen einigermaßen alarmiert. Die letzten Daten aus dem Pazifischen Raum deuten auf ein „El Nino II“ hin, ein zumindest genauso stark wie 1997 ausfallender Temperaturwechsel. Der Pazifik vor Südamerika ist bereits um 2 Grad erhöht. Zeit sich zumindest gedanklich ernsthaft vorzubereiten.
Nur kurz zur „Technik“: schwächere Nord-östliche Winde am Globus kühlen in Folge den Pazifik nicht mehr so stark ab, dessen wärmeres Wasser strömt nach Osten Richtung Nord- und Südamerika und verändert das dortige Wetter und in der Folge das Wetter am Globus: in der nördlichen Halbkugel gibt’s warme, nasse Winter und ein halbes Jahr später warme, trockene Bedingungen in der südlichen Halbkugel.
Gleich vorweg, mit unseren aktuell warmen Temperaturen in Europa hat dieses Phänomen nichts zu tun. Hier geht es in erster Linie um den pazifischen Raum und seine Auswirkungen auf Amerika und Asien. Es wird uns aber aller Voraussicht nach im kommenden Jahr stärker beschäftigen als es uns lieb sein wird, denn in diesen Regionen wird der Einfluss auf Nahrungsmittel, Energieerzeugung und Umweltschutz spürbar auch unsere Wirtschaftsverbindungen berühren.
Was mittlerweile wahrscheinlicher wurde sind nämlich folgende Effekte: in Australien und den USA wird weniger Weizen wachsen, in Süd-Ost Asien wird die Palmölproduktion leiden. Preise werden steigen. In der südlichen Halbkugel werden die wasserlastigen Industrien leiden. Hydroelektrizität wird darunter sein. Kohle wird dadurch als Alternative gesucht werden und steigen.
Die weitaus größeren Effekte sind aber in den Wetterumstürzen zu suchen aber schwer zu prognostizieren: die asiatischen Hurrikane sollten geringer werden, dafür jene im Golf von Mexiko zunehmen, Tornados in Texas und Florida ebenso. Der Monsun in Indien wird verzögert bis verringert erwartet, Trockenheit in Australien und Nord-Brasilien, mehr Regen in südlichen Regionen von Südamerika, global generell mildere Winter. Dies alles zumindest auf Sicht der nächsten 12 Monate sehr wahrscheinlich.
Für uns europäisch orientierte Investoren gibt es wenig an direkten Investments zu überlegen. Es ist mehr ein globaler Gedankenweg angesprochen der zu einem Umdenken in der generellen Allokation führen wird. Was man nämlich erwarten können wird ist, dass aus der asiatischen Region eine stärkere Nachfrage nach fossilen Energieträgern entstehen wird und dass sich etliche Nahrungsmittelpreise anpassen werden. Das wiederum wird Produzenten wie Distributoren beeinflussen. Es wird daher auch in zunehmendem Masse die Kommentare am Finanzsektor erreichen. Interessant übrigens, dass der Baltic Dry Index, der die Schifffrachtraten für Kohle, Erz und ähnliche Güter misst in den letzten Wochen enorm gestiegen ist.
Und wer sich noch schnell mal die nach dem verheerenden El-Nino-bedingten Korallensterben wieder etwas erholte Unterwasserwelt des Indischen Ozeans ansehen möchte, der sollte sich vielleicht beeilen.