Eine Frage der Ehre
Selten gab es Momente wie das aktuelle Geschehen rund um Griechenland in denen die vielschichtigen Effekte von Politik dermaßen sichtbar werden. Gemeint ist damit nicht Griechenland alleine, sondern insbesondere auch die Europäische Union.
Es geht um den Umgang mit Problemen, um Verdrängung, Populismus, soziales Leid und knallharte Geschäfte. Und wenn dies alles auf den finalen Moment, die Stunde der Wahrheit, zuströmt, dann werden die Bluffs einer nach dem anderen enttarnt. Dann gilt es Gesichter zu wahren wenn die Karten auf den Tisch gelegt werden.
Die griechische Regierung hat sich hierfür positioniert. Ohnehin mit populistischen Wahlversprechen an die Macht gekommen, galt es bis dato die externen Kreditzusagen fleißig hoch zu halten und parallel den Druck im Inland zu meistern. Genauso in der Europäischen Union. Dort geht es darum die Kredite nicht abwerten zu müssen und ein gemeinsames Vorgehen zu signalisieren ohne dabei die guten Geschäfte mit den Kreditnehmern nicht zu gefährden. Ein Vorteil für Griechenland ist zusätzlich, dass der Finanzminister ein profunder Kenner der Spieltheorie ist. Der hat seine „Waffen“ genau analysiert und setzt sie auch ein. Und wie man weiß, wer alles zu verlieren bereit ist, der blufft auch viel glaubwürdiger. Sieht nach einem ziemlich engen Match aus.
Der Kapitalmarkt hat mittlerweile die letzte Phase erreicht. Resignation macht sich bereits breit. Die Erwartung einer sachlogischen Auseinandersetzung ist von beiden Seiten enttäuscht worden. Griechenland hat sich als nicht paktfähiger Lieferant von Reformversprechen entpuppt und die EU als eine in ihren Kleinlichkeiten verstrickte Gruppe präsentiert, der es an globaler Orientierung in der externen Rhetorik mangelt. Es wäre für die EU ein Leichtes, angesichts der Entwicklungen in der Türkei, Libyen oder positiv Ägypten die Rolle Griechenlands als wichtiger geografischer Eintritt nach Europa zu würdigen und vor Allem öffentlich zu adressieren. Damit hätte man die Glaubwürdigkeit der Verhandlung erhöht. Und wenn es darum geht, militärische Geschäfte mit den Griechen abzusichern, dann wäre sogar das damit glaubwürdiger geworden. Stattdessen wurden die Märkte seit Wochen in ein Ringelspiel der Erwartungen gezogen, das sich jetzt auflöst. Schluss mit im Kreis drehen. Etliche steigen aus. Die Hoffnung auf den Rebound weicht der Sicherheit von Cash.
Es wird darauf hinauslaufen, dass sich jede der Parteien Oberflächlichkeit nicht mehr leisten kann. Die Sache selbst gilt es zu adressieren, Politik wird um den Populismus in dieser Phase beraubt. Die Frage der Ehre stellt sich und sollte ernst genommen werden. Anderen ihre Gesichter zu nehmen tritt in den Schatten wenn es um Staaten und Völker geht. Da treffen sich dann wieder alle, denn wenn es um die Erinnerung in den Geschichtsbüchern geht, hat jeder ein Problem darin als wenig ehrenhaft vermerkt zu sein.
Die Märkte haben es in sich künftige Entwicklungen zu erahnen bzw. sich diese in der Erwartungshaltung zu erarbeiten. Es ist unser Beruf, sich bei Investitionen soweit es geht von Geschäftsmodellen und Rahmenbedingungen zu überzeugen um daraus eine Bewertung ableiten zu können. Spielen tun von uns nur die Wenigsten. Wir haben die Frage der Ehre täglich für uns zu beantworten, was übrigens auch durch das unsere Branche umgebende regulatorische Konzept zusätzlich und umfassend verankert ist. Vielleicht tun wir uns deswegen manchmal so schwer mit der Politik.