09.06.2015

Kapitalismus und Planwirtschaft – Chinesische Harmonie



Während Europa unter dem selbstverschuldeten griechischen Joch leidet schmiedet China unbeirrt seine eigene Kapitalmarktpolitik. Höchst effizient und teilweise unerkannt bereitet sich das Land des Lächelns darauf vor auch an den Kapitalmärkten eine globale Führungsrolle zu übernehmen.

Der Anspruch wirkt auf den ersten Blick angesichts von gigantischen Finanzzentren wie New York und London geradezu lächerlich, die vorbereitenden Schritte dazu sind aber inzwischen bereits gesetzt worden und sollten in den kommenden Monaten einen erheblichen Einfluss auf unsere Kapitalmärkte ausüben können.

Die Kapitalmarkt-Liberalisierung in China hat mit der Verbindung von Shanghai und Hong Kong begonnen. Bedeutet nun, dass am Festland wohnende Chinesen erstmals in Hong Kong in Aktien investieren dürfen und umgekehrt. Die Performance der Shanghai Stock Exchange spricht Bände von der Effektivität dieser regulatorischen Änderung, +115% in 6 Monaten. All Time High aus 2007 einen Fingerbreit entfernt. Rekordumsätze im Wochentakt. Was inzwischen aber zusätzlich beschlossen wurde hat Einiges an zusätzlicher Sprengkraft: Das obige Abkommen wird per 1. Juli um Investmentfonds erweitert und, noch „revolutionärer“, vorerst einigen individuellen Investorengruppen, die sich aus Einwohnern von sechs Städten (inkl. Shanghai und Shenzen) bestimmen, das direkte Investment in außerhalb Chinas gelegene Wertpapiere erlaubt (Qualified Domestic Individual Investor 2 Program ). Im nächsten Schritt sollen es Bonds und „andere“ Wertpapiere sein.

Das bedeutet, dass Investmentfonds, die ja bekanntlich aus enorm vielen Assetklassen zusammengesetzt sein können auch den Zugang chinesischer Anleger an die internationalen Börsen eröffnet. Ergänzt und begleitet von den paar Millionen beglückten Einwohnern die direkt in die Apples & Co investieren dürfen. Angesichts der gelebten Börsenwelt in China muss man sich daher nun auf Folgendes vorbereiten: die Umsätze werden steigen, da chinesische Anleger nahezu prinzipiell häufig traden (Angeblich liegt die durchschnittliche Depot-Behaltedauer einer Aktie in China bei 4 Minuten!). Ausländische Börsen werden eine zusätzliche Investorenschicht erhalten, die noch dazu gar nicht mal so arm ist. Und last but not least, die chinesische Währung wird sich durch eben diese Umsätze internationalisieren. Ein perfekt getimter Weg, den Renminbi für die Welt des globalen FX-Handels aufzurüsten und dessen Handelsbarkeit auch im internationalen Anspruch zu verbessern.

Das heimische Kapitalmarktherz krampft sich ob dieser geballten Effizienz einigermaßen zusammen. In einem Land in dem Aktienbesitz im Alphabet von Politik und Stammtisch gleich neben dem Strafgesetzbuch steht, wo die Investition in Wirtschaft und Wachstum Dank staatlich kontrollierter Wege und Irrwege erschwert ist, wo Individualismus bereits im Keim durch Regularien und Bürokratie erstickt wird, wo das dumpfe Vorsichhindösen zum Arbeitsprozess mittels Unkündbarkeit geadelt wird, steht man solchen liberalen und in sich geschlossen umgesetzten Veränderungen neidisch applaudierend gegenüber. Es geht hier nämlich nicht darum das Vermögen blindwütig auf Börsen oder Handelsplätzen zu opfern, sondern in einem sinnvollen Kreislauf arbeiten zu lassen. China hat kapiert, dass es sich den Reichtum nur dann erhalten kann wenn es damit auch Chancen ergreifen darf. Wer rastet, der rostet. Nur wer auf den Tourismus hofft, der wird vom Wetter bestimmt.

Die Scharen an chinesischen Touristen, die derzeit unsere Städte und Hotels besuchen, werden oft von uns belächelt, doch die stellen sich mittlerweile immer aktiver den internationalen Herausforderungen. Nun eben auch am Kapitalmarkt. Und wer sehen durfte wie und in welchem Tempo die chinesische Planwirtschaft den Weg zur globalen Wirtschaftsmacht Nummer 2 geschafft hat, der kann sich vielleicht vorstellen, was China damit erreichen kann.



09.06.2015

Kapitalismus und Planwirtschaft – Chinesische Harmonie



Während Europa unter dem selbstverschuldeten griechischen Joch leidet schmiedet China unbeirrt seine eigene Kapitalmarktpolitik. Höchst effizient und teilweise unerkannt bereitet sich das Land des Lächelns darauf vor auch an den Kapitalmärkten eine globale Führungsrolle zu übernehmen.

Der Anspruch wirkt auf den ersten Blick angesichts von gigantischen Finanzzentren wie New York und London geradezu lächerlich, die vorbereitenden Schritte dazu sind aber inzwischen bereits gesetzt worden und sollten in den kommenden Monaten einen erheblichen Einfluss auf unsere Kapitalmärkte ausüben können.

Die Kapitalmarkt-Liberalisierung in China hat mit der Verbindung von Shanghai und Hong Kong begonnen. Bedeutet nun, dass am Festland wohnende Chinesen erstmals in Hong Kong in Aktien investieren dürfen und umgekehrt. Die Performance der Shanghai Stock Exchange spricht Bände von der Effektivität dieser regulatorischen Änderung, +115% in 6 Monaten. All Time High aus 2007 einen Fingerbreit entfernt. Rekordumsätze im Wochentakt. Was inzwischen aber zusätzlich beschlossen wurde hat Einiges an zusätzlicher Sprengkraft: Das obige Abkommen wird per 1. Juli um Investmentfonds erweitert und, noch „revolutionärer“, vorerst einigen individuellen Investorengruppen, die sich aus Einwohnern von sechs Städten (inkl. Shanghai und Shenzen) bestimmen, das direkte Investment in außerhalb Chinas gelegene Wertpapiere erlaubt (Qualified Domestic Individual Investor 2 Program ). Im nächsten Schritt sollen es Bonds und „andere“ Wertpapiere sein.

Das bedeutet, dass Investmentfonds, die ja bekanntlich aus enorm vielen Assetklassen zusammengesetzt sein können auch den Zugang chinesischer Anleger an die internationalen Börsen eröffnet. Ergänzt und begleitet von den paar Millionen beglückten Einwohnern die direkt in die Apples & Co investieren dürfen. Angesichts der gelebten Börsenwelt in China muss man sich daher nun auf Folgendes vorbereiten: die Umsätze werden steigen, da chinesische Anleger nahezu prinzipiell häufig traden (Angeblich liegt die durchschnittliche Depot-Behaltedauer einer Aktie in China bei 4 Minuten!). Ausländische Börsen werden eine zusätzliche Investorenschicht erhalten, die noch dazu gar nicht mal so arm ist. Und last but not least, die chinesische Währung wird sich durch eben diese Umsätze internationalisieren. Ein perfekt getimter Weg, den Renminbi für die Welt des globalen FX-Handels aufzurüsten und dessen Handelsbarkeit auch im internationalen Anspruch zu verbessern.

Das heimische Kapitalmarktherz krampft sich ob dieser geballten Effizienz einigermaßen zusammen. In einem Land in dem Aktienbesitz im Alphabet von Politik und Stammtisch gleich neben dem Strafgesetzbuch steht, wo die Investition in Wirtschaft und Wachstum Dank staatlich kontrollierter Wege und Irrwege erschwert ist, wo Individualismus bereits im Keim durch Regularien und Bürokratie erstickt wird, wo das dumpfe Vorsichhindösen zum Arbeitsprozess mittels Unkündbarkeit geadelt wird, steht man solchen liberalen und in sich geschlossen umgesetzten Veränderungen neidisch applaudierend gegenüber. Es geht hier nämlich nicht darum das Vermögen blindwütig auf Börsen oder Handelsplätzen zu opfern, sondern in einem sinnvollen Kreislauf arbeiten zu lassen. China hat kapiert, dass es sich den Reichtum nur dann erhalten kann wenn es damit auch Chancen ergreifen darf. Wer rastet, der rostet. Nur wer auf den Tourismus hofft, der wird vom Wetter bestimmt.

Die Scharen an chinesischen Touristen, die derzeit unsere Städte und Hotels besuchen, werden oft von uns belächelt, doch die stellen sich mittlerweile immer aktiver den internationalen Herausforderungen. Nun eben auch am Kapitalmarkt. Und wer sehen durfte wie und in welchem Tempo die chinesische Planwirtschaft den Weg zur globalen Wirtschaftsmacht Nummer 2 geschafft hat, der kann sich vielleicht vorstellen, was China damit erreichen kann.