06.05.2015

Shaking the tree



Die letzten Tage an den Kapitalmärkten bieten wieder Unterhaltung und innere Emotionen vom Feinsten. Knapp vor Ende April hagelt es kernige Sprüche über Europas Renditen, kommentiert man Griechenland zum 18. Mal aus dem Euro heraus, argumentiert ein Aufflammen des Ukraine-Konflikts herbei und vermutet ein Schrumpfen der amerikanischen Wirtschaft, Hauptsache es bewegt Währungen und Märkte.

Doch blickt man hinter die Kulissen der Schlagsätze findet man nur wenig „Fassbares“ was man nicht schon länger wusste oder was man in seiner Komplexität vorher nicht sah. Dass der europäische Bondmarkt historisch betrachtet zu hoch steht, ist seit Jahren eine Tatsache. Dass nun gerade US-Bond-Stars plötzlich auf die ultimative Entdeckung stießen Europas Bonds wären viel zu teuer, ist lachhaft und enthüllt die Strategie mit dieser Aussage den Markt zu beeinflussen. Denn wenn Europa zu teuer ist, was war dann die USA noch vor einem Jahr? Und damals blies kein lokaler „Profi“ trotz noch tieferer negativer Realrenditen im selben Horn. Doch dass gegen den Euro-Bond-Markt gewettet wurde, hatte sogar durchaus Erfolg. Der Bund-Future gab kurzfristig nach und erschütterte das Bild des linearen Anstiegs. Als Folge gewann der Euro an Stärke weil die Renditeerwartungen sofort der zukünftig abgeleiteten Entwicklung folgten, man verkaufte den US-Dollar um in den wieder „ertragreicheren“ Euro zu investieren. Der Währungsveränderung passten sich sofort die Aktienmärkte an, die ein Ende des warmen Regens auf Europas Exportwerte ableiteten und diese gleich pauschal mit allen anderen verkauften. Dann folgten noch die Absicherungsbarrieren die durchbrochen wurden und ein lustiges Stakkato von einander überholenden Hedgeorders auslösten die die Märkte pünktlich zum Monatsultimo korrigieren ließ.

Nun, was mag die Ursache all dieser Bewegungen wirklich sein? Wer profitiert von solchen Veränderungen? Können einzelne Investoren allein die Märkte so beeinflussen? Und warum?

Es passierte eigentlich nur ein längst überfälliges Korrektiv an den Märkten. Die Aktivitäten der EZB waren zu offensichtlich, die Erwartungshaltung zu linear ausgerichtet. Der Anstieg des US-Dollar wurde genauso geradlinig verlängert, das Wirtschaftswachstum der USA galt sowieso als unverwundbar, Volatilität auf historischen Tiefs, die Märkte passten nicht mehr auf. Der Wake Up Move wurde über Bund-Future und Euro/Dollar eingeleitet.

So weit so gut, doch nun folgt der Reality-Check: Die EZB wird mit ihrem Anleihekaufprogramm fortfahren. Bis September 2016 wird es noch jede Menge Gelegenheit geben über die Effekte dieses Programms an den Bondmärkten zu philosophieren. Dass der Euro seinen Abwärtstrend einmal gestoppt hat mag angesichts einer Reduktion des Außenwerts gegenüber dem US $ von 25% über die letzten 12 Monate nicht wirklich verwundern. Und wer sich langfristige Charts der Euro / US$ Relation ansieht, erkennt auch den Grund für das aktuelle Timing. Charts sind nun mal im Devisenhandel eine interessante Fixgröße. Dass die gesunkenen Energiepreise einen positiven Effekt auf Europas Wirtschaft haben ist nicht zu leugnen und von Deflation spricht auch keiner mehr so wirklich. Im Gegenteil, das Konjunkturbild hellt sich mehr und mehr auf, Inflation als Begleiter. Also was bleibt von der negativen Argumentationspyramide?

Wohl nicht mehr als ein Beweis für die aktuelle globale Schichtung der Investoren. Europa ist von US-amerikanischen Geldern überflutet. Die EZB-Absichten hatten etliche US-Investoren in Euro-Bonds gelockt. Die haben auch gut verdient. Rund zwei Drittel des DAX-Streubesitzes sind in ausländischen und hier überwiegend US-Händen. Die haben auch gut verdient. Kasse zu machen und Gewinne zu nehmen ist immer nett. Und wenn man schon dabei ist, dann doch gleich den Boden für neue Investments vorbereiten indem man den Druck im Markt nutzt um sich später günstiger wieder zu positionieren. Schade nur, dass die europäischen Investoren nach wie vor blockiert erscheinen. Nach Kalkulationen hinter vorgehaltener Hand wären mehr als die Hälfte der deutschen Versicherer bei einer zwangsweisen Umsetzung der Solvency II Richtlinien handlungsunfähig. Alles Kapital in Bonds oder nicht notierten Werten gebunden. Genauso findet man heimische europäische Investoren, egal in welchem Land, kaum selbstbewusst vortreten. Alle leugnen das Potential vor der Haustüre und investieren in Übersee oder gar nicht. Wenn es eine Blase gibt in Europa, dann ist es genau diese. Die Sage vom Kaiser ohne Kleider ist nämlich zum europäischen Alptraum geworden. Hier läuft mittlerweile schon der halbe Hofstaat nackt herum.



06.05.2015

Shaking the tree



Die letzten Tage an den Kapitalmärkten bieten wieder Unterhaltung und innere Emotionen vom Feinsten. Knapp vor Ende April hagelt es kernige Sprüche über Europas Renditen, kommentiert man Griechenland zum 18. Mal aus dem Euro heraus, argumentiert ein Aufflammen des Ukraine-Konflikts herbei und vermutet ein Schrumpfen der amerikanischen Wirtschaft, Hauptsache es bewegt Währungen und Märkte.

Doch blickt man hinter die Kulissen der Schlagsätze findet man nur wenig „Fassbares“ was man nicht schon länger wusste oder was man in seiner Komplexität vorher nicht sah. Dass der europäische Bondmarkt historisch betrachtet zu hoch steht, ist seit Jahren eine Tatsache. Dass nun gerade US-Bond-Stars plötzlich auf die ultimative Entdeckung stießen Europas Bonds wären viel zu teuer, ist lachhaft und enthüllt die Strategie mit dieser Aussage den Markt zu beeinflussen. Denn wenn Europa zu teuer ist, was war dann die USA noch vor einem Jahr? Und damals blies kein lokaler „Profi“ trotz noch tieferer negativer Realrenditen im selben Horn. Doch dass gegen den Euro-Bond-Markt gewettet wurde, hatte sogar durchaus Erfolg. Der Bund-Future gab kurzfristig nach und erschütterte das Bild des linearen Anstiegs. Als Folge gewann der Euro an Stärke weil die Renditeerwartungen sofort der zukünftig abgeleiteten Entwicklung folgten, man verkaufte den US-Dollar um in den wieder „ertragreicheren“ Euro zu investieren. Der Währungsveränderung passten sich sofort die Aktienmärkte an, die ein Ende des warmen Regens auf Europas Exportwerte ableiteten und diese gleich pauschal mit allen anderen verkauften. Dann folgten noch die Absicherungsbarrieren die durchbrochen wurden und ein lustiges Stakkato von einander überholenden Hedgeorders auslösten die die Märkte pünktlich zum Monatsultimo korrigieren ließ.

Nun, was mag die Ursache all dieser Bewegungen wirklich sein? Wer profitiert von solchen Veränderungen? Können einzelne Investoren allein die Märkte so beeinflussen? Und warum?

Es passierte eigentlich nur ein längst überfälliges Korrektiv an den Märkten. Die Aktivitäten der EZB waren zu offensichtlich, die Erwartungshaltung zu linear ausgerichtet. Der Anstieg des US-Dollar wurde genauso geradlinig verlängert, das Wirtschaftswachstum der USA galt sowieso als unverwundbar, Volatilität auf historischen Tiefs, die Märkte passten nicht mehr auf. Der Wake Up Move wurde über Bund-Future und Euro/Dollar eingeleitet.

So weit so gut, doch nun folgt der Reality-Check: Die EZB wird mit ihrem Anleihekaufprogramm fortfahren. Bis September 2016 wird es noch jede Menge Gelegenheit geben über die Effekte dieses Programms an den Bondmärkten zu philosophieren. Dass der Euro seinen Abwärtstrend einmal gestoppt hat mag angesichts einer Reduktion des Außenwerts gegenüber dem US $ von 25% über die letzten 12 Monate nicht wirklich verwundern. Und wer sich langfristige Charts der Euro / US$ Relation ansieht, erkennt auch den Grund für das aktuelle Timing. Charts sind nun mal im Devisenhandel eine interessante Fixgröße. Dass die gesunkenen Energiepreise einen positiven Effekt auf Europas Wirtschaft haben ist nicht zu leugnen und von Deflation spricht auch keiner mehr so wirklich. Im Gegenteil, das Konjunkturbild hellt sich mehr und mehr auf, Inflation als Begleiter. Also was bleibt von der negativen Argumentationspyramide?

Wohl nicht mehr als ein Beweis für die aktuelle globale Schichtung der Investoren. Europa ist von US-amerikanischen Geldern überflutet. Die EZB-Absichten hatten etliche US-Investoren in Euro-Bonds gelockt. Die haben auch gut verdient. Rund zwei Drittel des DAX-Streubesitzes sind in ausländischen und hier überwiegend US-Händen. Die haben auch gut verdient. Kasse zu machen und Gewinne zu nehmen ist immer nett. Und wenn man schon dabei ist, dann doch gleich den Boden für neue Investments vorbereiten indem man den Druck im Markt nutzt um sich später günstiger wieder zu positionieren. Schade nur, dass die europäischen Investoren nach wie vor blockiert erscheinen. Nach Kalkulationen hinter vorgehaltener Hand wären mehr als die Hälfte der deutschen Versicherer bei einer zwangsweisen Umsetzung der Solvency II Richtlinien handlungsunfähig. Alles Kapital in Bonds oder nicht notierten Werten gebunden. Genauso findet man heimische europäische Investoren, egal in welchem Land, kaum selbstbewusst vortreten. Alle leugnen das Potential vor der Haustüre und investieren in Übersee oder gar nicht. Wenn es eine Blase gibt in Europa, dann ist es genau diese. Die Sage vom Kaiser ohne Kleider ist nämlich zum europäischen Alptraum geworden. Hier läuft mittlerweile schon der halbe Hofstaat nackt herum.