Kühler Kopf gefragt
Wie schön ist es doch investiert zu sein und die Börsen fliegen. Alle Argumente passen, Bad News sind die Good News von morgen, die halbvollen Gläser machen Appetit auf mehr, Sun is shining, everybody happy. Gerade nach langen Durststrecken ist die Erwartung an die Märkte so gering, dass die Anstiege so intensiv empfunden werden und sich nach der ersten geringen Korrektur die Gefahr einer emotionalen Überreaktion, quasi depressiver Backflash, auch in deren Interpretation zeigt.
Wir sehen uns in der Tat einigen polarisierenden Fakten gegenüber. Die Nasdaq schafft nach 15 Jahren wieder den Sprung über die 5000 Punkte. Die Urgroßmutter aller Aktienblasen gilt somit als verarbeitet. Die rasant gestiegene Volatilität, die noch zum Jahreswechsel die Nerven der Risikomanager nicht ruhen ließ, ist von 27 auf bereits unter 17 Prozent herunter gekommen. Linearer Verlauf der Märkte. Und auch die Statistik sagt einem, dass das was sich öfter in eine Richtung bewegt wahrscheinlich weiter so laufen wird. Ein Fehler, den wir oft genug gespürt haben. Doch jetzt? Ist alles anders? Oder doch wieder gleich wie schon so oft davor?
Check der Fakten: Wir haben mit dem QE der EZB ein mittlerweile globales Experiment der Notenbanken vor uns, das bereits in den USA gewaltige positive Wirkungen erzeugt hat und in Japan den Aktionären das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bringt. Ob volkswirtschaftlich direkt sinnvoll oder nicht ist bereits Nebensache. Es wird geschehen. Auch der Rückgang des Ölpreises schockte nicht nur die Ölförderer sondern schuf für Millionen Konsumenten einen unerwarteten Konsumgutschein an der Tankstelle. Insbesondere Europas Autofahrer hatten dadurch seit Langem mehr Freude beim Tanken. Die Statistik hat uns diesbezüglich bereits eingeholt, schneller als erwartet zeigten die Daten des Deutschen Konsums im Jänner nicht das erwartete Plus von 0,6%, sie kamen mit 2,6% um volkswirtschaftliche Längen höher. Europa detto, statt 0,2% steigt der Einzelhandelskonsum auf 1,1%. Wir geben in Europa das Geld wieder aus. Die Matratzen werden etwas dünner. Und nicht nur das, wir holen uns auch wieder mehr vom schnöden Mammon, borgen es uns aus. Die M3 die finale Geldmenge stieg mittlerweile, von 3,6 auf 4,1% und die kurzfristige Zielmarke liegt bereits bei 4,6%. Sicher noch immer nicht die 7-8% aus der guten alten Zeit, aber einiges höher als noch die 2% aus 2012 und 13.
Das alles redet natürlich keiner Hausse das Wort, es sollte aber relativieren helfen. Jene Relativierung, die wir brauchen um in der aktuellen neuen Umgebung steigender, ja geradezu linear steigender Märkte den Halt nicht zu verlieren. Was ist noch günstig, was kann man kaufen, was nicht mehr, was nicht mehr wie lange? Gut nur, dass diese Fragen gerade vor allem an oberster Stelle festhängen, den institutionellen Investoren. Deren Bedarf steigt direkt proportional mit den sinkenden Renditen in Euroland. Prominente Brokerriesen aus USA predigen bereits die minus 3% Rendite bei minus 1% Inflation. Wie soll man da noch sein Veranlagungsergebnis rechtfertigen können ohne stärker ins „historische“ Risiko zu gehen? Es bleibt daher wie es sich die letzten Monate entwickelt hat, die Alternativen zu Aktien werden immer weniger. Dividenden gewinnen an echter Attraktivität und die Suche nach unterbewerteten konservativen Geschäftsmodellen ergibt als Ergebnis immer häufiger österreichische Immobilienaktien.
Am Ende zeigt sich, dass die einzige Assetklasse die noch halbwegs „normal“ ist, die Aktien sind und nicht umgekehrt.