Globale Tourismusströme vor unserer Haustüre
Die unterschiedlichen Entwicklungen an den globalen Wirtschaftsräumen werden an unseren Märkten rasch, transparent und vielschichtig analysiert und behandelt. Das was mitunter aber vergessen wird, ist das Erwartungs-Timing der unterschiedlichen künftigen Veränderungen.
So ist beispielsweise ein Ölpreisverfall an sich etwas Akkurates. Er geschieht jetzt. Wer diese Auswirkungen aber wann zu spüren bekommt oder wessen Reaktion darauf sich wann im Ergebnis niederschlägt, ist schon eine Wissenschaft für sich. Die Recherche mit welcher Geschwindigkeit sich verändernde Einflüsse niederschlagen ist aber enorm wichtig, denn diese Niederschläge erfolgen nicht linear, sondern sind qualitativ und individuell zu beurteilen.
Dies alles erzeugt eine Kette an Ereignissen an deren Ende wie so oft der Konsument steht. Wenn sich sämtliche wirtschaftspolitischen Maßnahmen, Steuern und auch sich daraus entwickelnde Perspektiven durchgearbeitet haben, steht der Konsument, der Steuerzahler mit mehr oder mit weniger in der Tasche vor uns. Oder auch mit mehr oder mit weniger Lust diesen Tascheninhalt auszugeben. Die ersten, die im Kreislauf unseres Wirtschaftslebens diese Effekte wahrnehmen, sind der Tourismus und Unternehmen der Luxusgüterbranche.
Und da gibt es aktuell sehr große Veränderungen: China gewinnt, Russland verliert. Interessant wie man das am schnellsten feststellt: An den Umsätzen der Tax-Free Shops und den individuellen Rückforderungen der diversen ausländischen Umsatzsteuern. Die Meldungen der auf die Auswertung dieser Daten spezialisierten Institute sind mittlerweile eindeutig.
So wird klar, dass im letzten Jahr Chinas Touristen die Rate ihrer ausländischen Privatausgaben um 25% erhöhten. Dagegen sank jene russischer Touristen um 29%. Der heimische Schock russlandverwöhnter Geschäfte relativiert sich aber schnell, denn Russen und Family geben noch immer rund 5% mehr aus als im Jahr zuvor. Eben „nur“ mehr 5% mehr. Die Gründe hierfür sind rasch gefunden: China: Unruhen in Hong Kong lassen den dortigen Umsatz in Richtung Europa driften, der schwache Euro tut sein Übriges und eine Zinssatzsenkung der Bank of China verbunden mit Vermögenszuwächsen aufgrund starker Heimatbörse macht den Rest. Genau konträr die Argumente bei Russland. Schwache Währung, Zinsen steigen, Börse im Fall. Der schwache Ölpreis und EU-Sanktionen ergänzen das traurigere Bild.
Freuen werden sich aber trotzdem Viele. Die Luxusgüterhersteller verzeichnen beste Umsätze aus dem Portemonnaie des Lächelns und, welch Überraschung, auch dem inzwischen trainierten Suchtreflex von edlen Taschen und Uhren unterliegt der überwiegend weibliche russische Bär nach wie vor. Schwieriger wird es da schon bei den herkömmlichen Tourismusausgaben wie Hotel und Restaurants. Da erkennt man mehr und mehr obigen globalen Trend. Der Arlberg wird heuer viel „chinesischer“ als zuletzt. Und last but not least freut sich ein ureigener österreichischer Berufsstand, jener der Winzer und Weinbauern. Chinas Appetit auf guten Wein ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Und da haben wir Österreicher ja auch Einiges zu bieten.
In unserer Kapitalmarktverbrämten heimischen Tristesse die sich so oft aus dem verkniffenen Blick gen Russland begründet sorgen obige Fakten vielleicht für ein wenig Hoffnung. Unser Globus ist auch rund und endet nicht hinter dem Ural. So gesehen ist das Ende der Ereigniskette gar nicht sein Ende, sondern vielmals sogar der Beginn.