Stolperfallen
Die letzten Wochen waren wahrlich von historischer Dimension. In kaum einer Phase ist eine Börse gegen sämtliche Nachbarmärkte dermaßen abgefallen wie es unser Markt die letzten 8 Wochen getan hat. Eigentlich unerklärlich auf den ersten Blick. Auch in anderen Märkten gab es Profit Warnings, Regierungswechsel oder Konjunkturflaute zu beklagen. Doch seit Juli gut 7% gegen den DAX oder gar mehr als 10% gegen den Stoxx 50 Euroland zu verlieren ist schon ein arges Stück. Was ist da passiert? Holen wir das wieder auf?
Nun, die Börsen handeln Erwartungshaltungen. Perception is Reality. Und wenn ein Markt keine positive Erwartungshaltung unterstützt, dann fällt er aus dem Investorenradar. Ist wie bei einer Modenschau. Wenn die Kleider bekannt, die Models sich gar nicht so bewegen wie es gefällt und die Musik immer die gleiche ist wird wohl kaum jemand hingehen. Börsen wollen „entdeckt“ werden, müssen aktiv sein, Investoren das Gefühl vermitteln begehrt zu sein und liefern was versprochen wurde. Dann werden sie gesucht und das auch für lange Zeit. Wenn nicht, wird die Enttäuschung umgesetzt. Man zeigt sich stärker entrüstet über Profit Warnings als sonst, exekutiert emotioneller und bestätigt sich durch längeres Fernbleiben quasi selbst. Das ist wohl unserem Markt passiert. Die Schuldfrage ist massig vielfältig und sicher nicht allein mit „Osteuropa“ oder einzelnen Banken erklärt. Das wäre billig und falsch. Doch jetzt zu lamentieren würde den Rahmen sprengen, wurde ohnehin in der Vergangenheit schon x-mal beschrieben und gemahnt. Den Salat haben wir eben jetzt. Vielleicht bewegt sich ja jetzt etwas …
Ein kleiner Trost bleibt natürlich. Die Zuversicht, dass das alles nicht so bleiben kann so lange es Unternehmen gibt die weiter wachsen, Dividenden zahlen, Investorenarbeit in den Fokus stellen, ihren Job tun. Doch das Risiko solche Märkte richtig timen zu können ist inzwischen gewachsen. Der Gleichlauf mit anderen Märkten nimmt ab. Diese Märkte werden dann später irgendwann einmal pauschal „entdeckt“. Na ja. Irgendwer muss wieder Jim Rogers anrufen.
Einen Vorteil haben wir da in Österreich gerade aber schon. Dank dieser Einstellungen werden wir uns vor Börseneinführungen einmal aktuell nicht fürchten müssen. Die letzte, FACC, wird gerade zum x-ten Mal vom Markt verdaut und dürfte nicht gerade als positives Beispiel in die Annalen unseres Marktplatzes eingehen. An anderen Börsenplätzen geht es dagegen inzwischen aber so richtig zur Sache. Alibaba, Zalando, Rocket Internet, herrlich, endlich Frisches, endlich wird der Kurszettel um tolle Stories bereichert, endlich … ?
Man kommt gerade auch in anderen Märkten drauf, dass unsere Börsen derzeit, egal wo man sitzt, weniger Liquidität bieten als historisch belegt. Ein Alibaba Börsengang setzt die Nasdaq unter Druck, weil nicht neues Geld hinzukommt, sondern zuerst verkauft werden muss. Zalando und Rocket Internet rasieren den DAX schon im Vorfeld. Welche Ratio hinter solchen Investments steckt fragt man sich sowieso, weil von Profit oder nachhaltiger Gewinnentwicklung oder gar der Möglichkeit Eigentümerrechte durchzusetzen oft keine Spur vorhanden ist, trotzdem werden bestehende Investments verkauft. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Vielleicht wird man sich aber nach dem einen oder anderen IPO-Abenteuer wieder so guter alter Themen wie Dividendenrendite, nachhaltige Profitabilität oder stabile Aktionärsstruktur bewusst werden und traut sich auch kleinere Unternehmen ins Auge zu fassen. In Wien gibt’s inzwischen ein paar davon …