14.11.2012

Hollywood und der Weihnachtsmann



Die US-Wahl ist geschlagen. Der Alte ist der Neue und man wendet sich wieder dem Alltäglichen zu. Die Krise darf uns wieder quälen.
Eine Erkenntnis aus den US-Wahlen sei noch kurz gesagt: Der Wähler ist nicht so dumm wie manche glauben. Den offenen Versprechen von Romney standen die wenig umgesetzten von Obama gegenüber. Der Wähler hat aber ein „bemüht“ erkannt und unter das Kreuz gesetzt. Ein Ausrufezeichen für andere Politiker, die sich demnächst einem Wahlgang stellen.

Zurück zum Markt. Perfekt und zynisch. Als ob es erst des Wahlausgangs bedurft hätte, wurden wir sofort mit „Fiskal-Cliff“ und sonstigen Worst-Case-Ansätzen zugedröhnt. Die Monate davor hatte man sich mit diesem Thema noch sachlich befasst, seit Mittwoch letzter Woche, 14 Uhr, als plötzlich der DAX binnen Minuten um 2% einbrach, wird wieder im Minus „argumentiert“. Am Vormittag hatte Mario Draghi in der EZB-Pressekonferenz noch den Boden perfekt vorbereitet: Inflation wird tief bleiben, Deutschland spürt bereits die Konjunktur- abschwächung Europas, die EZB bleibt als Rächer der Enterbten bereit, zu drucken. Klingt alles logisch und passt zur Rolle des EZB-Vorsitzenden als größten Rentenfondsmanager Europas. Er muss ja seine Bonds schützen. Wenn er mit der Inflations-Wahrheit, nämlich jener der realen, der gefühlten, der konsumierten Inflation, rausrücken würde, wäre die Hölle los und er, samt der ihm den Applaus garantierenden Staaten, könnte keinen Bond mehr zu ultratiefen Zinsen platzieren. Logisches Verhalten also.

Aber die davor täglich geübten Konjunktur-Nadelstiche im Markt haben dadurch plötzlich tiefer gestochen. Und dann hat sich eben ein „Großer“ getraut und um knapp 14 Uhr den DAX technisch gebrochen. Am späteren Nachmittag ging es dann auf den US-Märkten in derselben Tonart weiter. Die Gewissheit, dass Europa alles wieder viel zu ernst nehmen und die Tage danach weiter schwach tendieren würde, lag fast offen auf der Hand. Willkommen zurück im Traumland.

Financial-Hollywood schreibt wieder unsere Drehbücher.

Eine zusätzliche Begründung, die noch dazu weit glaubhafter ist, wird aber in der Argumentation übersehen bzw. - weil nicht gar so öffentlichkeits-sexy - übergangen: 2012 war, isoliert betrachtet, bis dato ein exzellentes Jahr an den Kapitalmärkten. Endlich gibt es Boni! Performance-Fees! Gratifikationen! Die sich zu sichern, ist in diesen beruflich so unsicheren Zeiten für viele ein Muss. Die Finanzwirtschaft steckt nun mal in der Rezession, und da fürchten enorm viele um ihren Job. Die Sicherstellung von Performance ist daher heuer oftmals höchstes Motiv. Und das Jahresende ist bald da. Wer riskiert da schon gerne.

Pessimismus passt nicht so ganz zu mir. Nützt langfristig ja auch nicht – außer vielleicht Psychotherapeuten und der Pharmaindustrie.

Daher eine positive und glaubwürdige Ableitung: Wer ein wenig über den Tellerrand blickt, sieht, dass die USA keine andere Chance haben, als die Steuerhürde neu zu interpretieren. Haben sie ja schon 2011 gemacht und haben etliche andere Staaten in Europa auch schon 100 Mal in den letzten paar Jahrzehnten vorexerziert. Die Konjunktur wird nicht implodieren, dazu sind die Unternehmensergebnisse jenen aus 2009 inzwischen Lichtjahre voraus. Genauso die Struktur der Wirtschaft, die sich nachhaltig emanzipiert hat und inzwischen auf mehr als einem Bein zu stehen gelernt hat. Wenn jetzt noch ein paar Chartfreaks mit übermächtigem Futures-Daumen die Märkte hinunter spielen wollen, warum nicht. Sollen sie doch! Ist doch die absolut beste Gelegenheit, diesen Kurzfristdenkern den Boden wegzuziehen und sich an den Kursschnäppchen zu bedienen. Diese Smart Guys kaufen nämlich dann genauso schnell wieder zurück, wenn der Boden heiß wird. Ich denke, das ist vielleicht einer jener raren Momente, in denen die großen Asset-Sammler wie etwa Versicherungen eine perfekte Kaufgelegenheit finden, ohne als Kurstreiber missbraucht zu werden. Die ultratiefen Aktienquoten in den Portefeuilles dieser Investoren würden nachhaltig jubeln.

Sonst wartet man eben weiter auf den nächsten orchestrierten „Worst Case“. Die Mayas fehlen uns noch im Dezember. Die wird dann sicherlich der Weihnachtsmann in die Schranken weisen … wem da vor lauter Hollywood nicht übel wird.



14.11.2012

Hollywood und der Weihnachtsmann



Die US-Wahl ist geschlagen. Der Alte ist der Neue und man wendet sich wieder dem Alltäglichen zu. Die Krise darf uns wieder quälen.
Eine Erkenntnis aus den US-Wahlen sei noch kurz gesagt: Der Wähler ist nicht so dumm wie manche glauben. Den offenen Versprechen von Romney standen die wenig umgesetzten von Obama gegenüber. Der Wähler hat aber ein „bemüht“ erkannt und unter das Kreuz gesetzt. Ein Ausrufezeichen für andere Politiker, die sich demnächst einem Wahlgang stellen.

Zurück zum Markt. Perfekt und zynisch. Als ob es erst des Wahlausgangs bedurft hätte, wurden wir sofort mit „Fiskal-Cliff“ und sonstigen Worst-Case-Ansätzen zugedröhnt. Die Monate davor hatte man sich mit diesem Thema noch sachlich befasst, seit Mittwoch letzter Woche, 14 Uhr, als plötzlich der DAX binnen Minuten um 2% einbrach, wird wieder im Minus „argumentiert“. Am Vormittag hatte Mario Draghi in der EZB-Pressekonferenz noch den Boden perfekt vorbereitet: Inflation wird tief bleiben, Deutschland spürt bereits die Konjunktur- abschwächung Europas, die EZB bleibt als Rächer der Enterbten bereit, zu drucken. Klingt alles logisch und passt zur Rolle des EZB-Vorsitzenden als größten Rentenfondsmanager Europas. Er muss ja seine Bonds schützen. Wenn er mit der Inflations-Wahrheit, nämlich jener der realen, der gefühlten, der konsumierten Inflation, rausrücken würde, wäre die Hölle los und er, samt der ihm den Applaus garantierenden Staaten, könnte keinen Bond mehr zu ultratiefen Zinsen platzieren. Logisches Verhalten also.

Aber die davor täglich geübten Konjunktur-Nadelstiche im Markt haben dadurch plötzlich tiefer gestochen. Und dann hat sich eben ein „Großer“ getraut und um knapp 14 Uhr den DAX technisch gebrochen. Am späteren Nachmittag ging es dann auf den US-Märkten in derselben Tonart weiter. Die Gewissheit, dass Europa alles wieder viel zu ernst nehmen und die Tage danach weiter schwach tendieren würde, lag fast offen auf der Hand. Willkommen zurück im Traumland.

Financial-Hollywood schreibt wieder unsere Drehbücher.

Eine zusätzliche Begründung, die noch dazu weit glaubhafter ist, wird aber in der Argumentation übersehen bzw. - weil nicht gar so öffentlichkeits-sexy - übergangen: 2012 war, isoliert betrachtet, bis dato ein exzellentes Jahr an den Kapitalmärkten. Endlich gibt es Boni! Performance-Fees! Gratifikationen! Die sich zu sichern, ist in diesen beruflich so unsicheren Zeiten für viele ein Muss. Die Finanzwirtschaft steckt nun mal in der Rezession, und da fürchten enorm viele um ihren Job. Die Sicherstellung von Performance ist daher heuer oftmals höchstes Motiv. Und das Jahresende ist bald da. Wer riskiert da schon gerne.

Pessimismus passt nicht so ganz zu mir. Nützt langfristig ja auch nicht – außer vielleicht Psychotherapeuten und der Pharmaindustrie.

Daher eine positive und glaubwürdige Ableitung: Wer ein wenig über den Tellerrand blickt, sieht, dass die USA keine andere Chance haben, als die Steuerhürde neu zu interpretieren. Haben sie ja schon 2011 gemacht und haben etliche andere Staaten in Europa auch schon 100 Mal in den letzten paar Jahrzehnten vorexerziert. Die Konjunktur wird nicht implodieren, dazu sind die Unternehmensergebnisse jenen aus 2009 inzwischen Lichtjahre voraus. Genauso die Struktur der Wirtschaft, die sich nachhaltig emanzipiert hat und inzwischen auf mehr als einem Bein zu stehen gelernt hat. Wenn jetzt noch ein paar Chartfreaks mit übermächtigem Futures-Daumen die Märkte hinunter spielen wollen, warum nicht. Sollen sie doch! Ist doch die absolut beste Gelegenheit, diesen Kurzfristdenkern den Boden wegzuziehen und sich an den Kursschnäppchen zu bedienen. Diese Smart Guys kaufen nämlich dann genauso schnell wieder zurück, wenn der Boden heiß wird. Ich denke, das ist vielleicht einer jener raren Momente, in denen die großen Asset-Sammler wie etwa Versicherungen eine perfekte Kaufgelegenheit finden, ohne als Kurstreiber missbraucht zu werden. Die ultratiefen Aktienquoten in den Portefeuilles dieser Investoren würden nachhaltig jubeln.

Sonst wartet man eben weiter auf den nächsten orchestrierten „Worst Case“. Die Mayas fehlen uns noch im Dezember. Die wird dann sicherlich der Weihnachtsmann in die Schranken weisen … wem da vor lauter Hollywood nicht übel wird.