20.06.2012
Während die Welt und noch ein paar Ausserirdische in den letzten Wochen hochgespannt auf den Wahlausgang in Griechenland starrten, wurden im Hintergrund etliche Fesseln der europäischen Regulationen durchschlagen bzw. werden demnächst durchschlagen. Den Regulatoren mangelnden Sinn für Koordination und stille Dramatik abzusprechen gelingt seitdem nicht mehr. Europas Investmentreglement beginnt sich zu wandeln.
Was ist passiert?
Begonnen hat es in Schweden. Dort sind die Versicherer still und leise auf die Barrikaden gestiegen und haben ernsthaft die Sinnhaftigkeit der aktuell enorm tiefen Zinsen für Staatsanleihen in Bezug zu ihrem Modell der Lebensversicherungen in Frage gestellt. Antwort: macht auf Dauer wenig bis keinen Sinn. Ist sogar höchst gefährlich, weil kein Puffer für Internes mehr übrigbleibt. Reaktion ist (und in der Geschwindigkeit der Umsetzung sind die Schweden dem Rest Europas um Lichtjahre voraus): Man führt einen Fixzins ein, der einen Boden darstellt, und erleichtert parallel die Kapital- und daher Investitionsfreiräume. Das sitzt! Das sitzt sogar dermassen gut, dass kurz darauf Dänemark in dieselbe Kerbe schlug, knapp gefolgt von Finnland. Und um den skandinavischen Ländern nicht passiv Wettbewerbsvorteile einzuräumen stutzen auch die Niederlande bereits mit Erleichterungen und „Interpretationsspielräumen“ Solvency II so ziemlich die Krallen. In einigen Tagen ist der Rest von Europa dann wohl auch dran.
Damit aber nicht genug. Der zweite regulatorische Bremsklotz, Basel III, wird in UK gerade massiv behämmert. Es wird eine Erweiterung des Reglements geplant, die die Kapitalreserven neu definiert und damit in Folge dem Bankensektor mehr Spielraum ermöglichen wird. Die Diskussionen darüber laufen ziemlich heiss und man kann sich bereits jetzt über zwei Outcomes sicher sein: Erhöhte Transparenz über die Kapitalreserven und verstärkten Wettbewerb aufgrund der Analyse der Qualität dieser Rücklagen. Bedeutet kurz gesagt, dass die europäischen Institute die Wahl haben werden als „ultrakonservativ“ und „risikoarm“ stärker zu punkten, oder als „adäquat kapitalisiert“ zu gelten. In jedem Fall werden die jetzt geplanten Änderungen eine Erleichterung des Sektors mit sich bringen. Das, was aber zusätzlich passieren wird - selbst wenn derzeit gerade die US-Banken am Londoner Finanzplatz sich feixend die Hände reiben, noch ein wenig mehr zocken zu dürfen - ist, dass die US-Banken als deutlich schwächer kapitalisiert als die europäischen Mitbewerber erkennbar werden. Das Feigenblatt „Europa-Bashing“ verschwindet. Dieser kommende massive Wettbewerbsnachteil wird wahrscheinlich wie geübt zwischenzeitlich mit Griechenland-, Spanien- und Italien-Sorgen verschleiert werden (kein Wunder, wenn man wie berichtet in London riesige Wetten gegen Europa fährt), aber mittelfristig schmerzhaft zur Geltung kommen.
Dass Frankreich gerade an einem „Wachstumspaket“ arbeitet, das halb Europa vom voraussichtlich ohnehin sinnlosen Mexiko-Gipfel abhält, ist nur die Kirsche am Kuchen.
Der Zug der Märkte wird sich daher von den Government Bonds immer mehr in Richtung der Aktien drehen. Die positive Entwicklung einiger defensiver Sektoren der letzten Tage und Wochen zeigt bereits die Richtung. Versicherungen, Pensionskassen und selbst Banken werden diesen Weg wieder zügig beschreiten dürfen, denn es ist für sie mittlerweile der einzig sinnvolle Ansatz geworden, ihre wirtschaftliche Zukunft selbst in die Hände zu nehmen.
Und mit den Löchern in den regulatorischen Vorschriften kann man trotzdem gut leben. Das Emmental liegt ja mitten in Europa.
Die Schwerterschmiede Europas liegt im Emmental
Während die Welt und noch ein paar Ausserirdische in den letzten Wochen hochgespannt auf den Wahlausgang in Griechenland starrten, wurden im Hintergrund etliche Fesseln der europäischen Regulationen durchschlagen bzw. werden demnächst durchschlagen. Den Regulatoren mangelnden Sinn für Koordination und stille Dramatik abzusprechen gelingt seitdem nicht mehr. Europas Investmentreglement beginnt sich zu wandeln.
Was ist passiert?
Begonnen hat es in Schweden. Dort sind die Versicherer still und leise auf die Barrikaden gestiegen und haben ernsthaft die Sinnhaftigkeit der aktuell enorm tiefen Zinsen für Staatsanleihen in Bezug zu ihrem Modell der Lebensversicherungen in Frage gestellt. Antwort: macht auf Dauer wenig bis keinen Sinn. Ist sogar höchst gefährlich, weil kein Puffer für Internes mehr übrigbleibt. Reaktion ist (und in der Geschwindigkeit der Umsetzung sind die Schweden dem Rest Europas um Lichtjahre voraus): Man führt einen Fixzins ein, der einen Boden darstellt, und erleichtert parallel die Kapital- und daher Investitionsfreiräume. Das sitzt! Das sitzt sogar dermassen gut, dass kurz darauf Dänemark in dieselbe Kerbe schlug, knapp gefolgt von Finnland. Und um den skandinavischen Ländern nicht passiv Wettbewerbsvorteile einzuräumen stutzen auch die Niederlande bereits mit Erleichterungen und „Interpretationsspielräumen“ Solvency II so ziemlich die Krallen. In einigen Tagen ist der Rest von Europa dann wohl auch dran.
Damit aber nicht genug. Der zweite regulatorische Bremsklotz, Basel III, wird in UK gerade massiv behämmert. Es wird eine Erweiterung des Reglements geplant, die die Kapitalreserven neu definiert und damit in Folge dem Bankensektor mehr Spielraum ermöglichen wird. Die Diskussionen darüber laufen ziemlich heiss und man kann sich bereits jetzt über zwei Outcomes sicher sein: Erhöhte Transparenz über die Kapitalreserven und verstärkten Wettbewerb aufgrund der Analyse der Qualität dieser Rücklagen. Bedeutet kurz gesagt, dass die europäischen Institute die Wahl haben werden als „ultrakonservativ“ und „risikoarm“ stärker zu punkten, oder als „adäquat kapitalisiert“ zu gelten. In jedem Fall werden die jetzt geplanten Änderungen eine Erleichterung des Sektors mit sich bringen. Das, was aber zusätzlich passieren wird - selbst wenn derzeit gerade die US-Banken am Londoner Finanzplatz sich feixend die Hände reiben, noch ein wenig mehr zocken zu dürfen - ist, dass die US-Banken als deutlich schwächer kapitalisiert als die europäischen Mitbewerber erkennbar werden. Das Feigenblatt „Europa-Bashing“ verschwindet. Dieser kommende massive Wettbewerbsnachteil wird wahrscheinlich wie geübt zwischenzeitlich mit Griechenland-, Spanien- und Italien-Sorgen verschleiert werden (kein Wunder, wenn man wie berichtet in London riesige Wetten gegen Europa fährt), aber mittelfristig schmerzhaft zur Geltung kommen.
Dass Frankreich gerade an einem „Wachstumspaket“ arbeitet, das halb Europa vom voraussichtlich ohnehin sinnlosen Mexiko-Gipfel abhält, ist nur die Kirsche am Kuchen.
Der Zug der Märkte wird sich daher von den Government Bonds immer mehr in Richtung der Aktien drehen. Die positive Entwicklung einiger defensiver Sektoren der letzten Tage und Wochen zeigt bereits die Richtung. Versicherungen, Pensionskassen und selbst Banken werden diesen Weg wieder zügig beschreiten dürfen, denn es ist für sie mittlerweile der einzig sinnvolle Ansatz geworden, ihre wirtschaftliche Zukunft selbst in die Hände zu nehmen.
Und mit den Löchern in den regulatorischen Vorschriften kann man trotzdem gut leben. Das Emmental liegt ja mitten in Europa.