23.06.2011

Zeit des Erwachens



Wir leben schon wirklich in einer spannenden Zeit. Fast schon ZU spannend. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Die armen Staaten werden reich, Politiker mutieren über Nacht zu scheinbar todesmutigen Volkswirten, wieder zurück in die, die sie eben sind, und Investoren zu ... Lemmingen.

Unsere Kapitalmärkte sind mittlerweile getrieben von täglich wechselnden Extremszenarien. Zwischen Griechenland und QE III, Nordafrika und Fukushima, Intercell und Voest. Unsere Haut ist durch dieses permanente Emotionsbombardement dünner geworden. Denn zusätzlich dazu sind die Märkte mit weit weniger Liquidität gesegnet als noch die Jahre zuvor. Die Gründe hierfür liegen einerseits im selbstverliebten Machtanspruch der Politiker begründet, der Entscheidungen so lange wie möglich verschiebt, bis er nichts mehr löst, sondern nur mehr das Schlimmste verhindert, und andererseits in massiv überzogenen Regularien auf der Wirtschafts- und Investorenseite. Basel III für Banken ist genauso Drohung wie Solvency II für Versicherungen genauso wie die Wertpapier-KESt für Private und Vorsorgende. Kein Wunder, wenn unsere Kapitalmärkte dünner werden.

Doch es gibt Hoffnung. Der lange Atem des Rückblicks lässt uns aufatmen. In sämtlichen „Investoren-Depressionen“ seit 1929 gab es unwahr­scheinlich tiefe Bewertungen, die nur wenige Investoren zu nutzen in der Lage waren. Behavioural Finance, die Analyse der emotionellen Verfassung der Investoren, zeigt dies schonungslos auf. Denn so wie es im Falle eines Crashs einseitig gerichtete Verkaufsmuster gibt, die sich verstärken und beschleunigen, so gibt es den „emotionalen Crash“, in dem einfach keiner kaufen will, weil … eh schon wissen. Ich denke, wir sind mitten in einem solchen gerade drinnen. Und wir sind mitten in einer Region, die derzeit am meisten darunter leidet: in Europa.

Die Griechenland-Diskussion und die fragmentierte Politiklandschaft unseres Kontinents machen es vielen globalen Investoren leicht, ein scheinbar begründetes Urteil über europäische Aktien zu fällen. Sieht man sich die fundamentalen Daten und die Marktpositionen unserer Unternehmen aber ge­-
nauer an, verblasst der Tsatsiki-Malus und die babylonische Sprachverwirrung Europas wird akzeptabel. Wir sind inzwischen spottbillig geworden und das bei einem globalen Profitabilitäts- und Führungsanspruch innerhalb vieler Industrien.

Im Gegenzug zu den USA wächst die Wirtschaft Europas seit November 2010 stetig. Die Wachstumsraten liegen überdies bei 60% der globalen Wachstumsrate. Europa zieht wieder den Karren der Weltwirtschaft mit. Gleichzeitig sind Europas Aktien deutlich billiger als der globale Durchschnitt. Gemessen an KGV, Buchwertverhältnissen, Dividendenrendite und Gewinnwachstum schlagen wir das globale Dorf an Attraktivität um Längen. Und das liegt nicht in einigen Sektoren begründet, das ist breit über die Branchen vorhanden. Bis auf IT liegen sämtliche Branchensektoren in ihrer Bewertung teils massiv unter den globalen Vergleichs-Peers.

Nicht nur wir in Österreich sind mit günstigen Aktien gesegnet, unser ganzer Kontinent ist es. Bevor bald wieder einige internationale Investoren auf diesen Umstand aufspringen, sollten wir mündig genug sein, den Zug selbst ein wenig aus dem Bahnhof der Investmentstarre zu schieben, damit die, die dann auf den fahrenden aufspringen, ihn erst so richtig beschleunigen.
Es kostet sicher einigen Mut, gegen Regularien oder gegen die scheinbare Bequemlichkeit einer geschützten „Nicht-Investition“ auch interne Hürden zu überspringen, doch unsere Zeiten leben von solchen Entscheidungen und brauchen sie.

Und dann sieht man endlich den Wald mit seinen Bäumen wieder.



23.06.2011

Zeit des Erwachens



Wir leben schon wirklich in einer spannenden Zeit. Fast schon ZU spannend. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Die armen Staaten werden reich, Politiker mutieren über Nacht zu scheinbar todesmutigen Volkswirten, wieder zurück in die, die sie eben sind, und Investoren zu ... Lemmingen.

Unsere Kapitalmärkte sind mittlerweile getrieben von täglich wechselnden Extremszenarien. Zwischen Griechenland und QE III, Nordafrika und Fukushima, Intercell und Voest. Unsere Haut ist durch dieses permanente Emotionsbombardement dünner geworden. Denn zusätzlich dazu sind die Märkte mit weit weniger Liquidität gesegnet als noch die Jahre zuvor. Die Gründe hierfür liegen einerseits im selbstverliebten Machtanspruch der Politiker begründet, der Entscheidungen so lange wie möglich verschiebt, bis er nichts mehr löst, sondern nur mehr das Schlimmste verhindert, und andererseits in massiv überzogenen Regularien auf der Wirtschafts- und Investorenseite. Basel III für Banken ist genauso Drohung wie Solvency II für Versicherungen genauso wie die Wertpapier-KESt für Private und Vorsorgende. Kein Wunder, wenn unsere Kapitalmärkte dünner werden.

Doch es gibt Hoffnung. Der lange Atem des Rückblicks lässt uns aufatmen. In sämtlichen „Investoren-Depressionen“ seit 1929 gab es unwahr­scheinlich tiefe Bewertungen, die nur wenige Investoren zu nutzen in der Lage waren. Behavioural Finance, die Analyse der emotionellen Verfassung der Investoren, zeigt dies schonungslos auf. Denn so wie es im Falle eines Crashs einseitig gerichtete Verkaufsmuster gibt, die sich verstärken und beschleunigen, so gibt es den „emotionalen Crash“, in dem einfach keiner kaufen will, weil … eh schon wissen. Ich denke, wir sind mitten in einem solchen gerade drinnen. Und wir sind mitten in einer Region, die derzeit am meisten darunter leidet: in Europa.

Die Griechenland-Diskussion und die fragmentierte Politiklandschaft unseres Kontinents machen es vielen globalen Investoren leicht, ein scheinbar begründetes Urteil über europäische Aktien zu fällen. Sieht man sich die fundamentalen Daten und die Marktpositionen unserer Unternehmen aber ge­-
nauer an, verblasst der Tsatsiki-Malus und die babylonische Sprachverwirrung Europas wird akzeptabel. Wir sind inzwischen spottbillig geworden und das bei einem globalen Profitabilitäts- und Führungsanspruch innerhalb vieler Industrien.

Im Gegenzug zu den USA wächst die Wirtschaft Europas seit November 2010 stetig. Die Wachstumsraten liegen überdies bei 60% der globalen Wachstumsrate. Europa zieht wieder den Karren der Weltwirtschaft mit. Gleichzeitig sind Europas Aktien deutlich billiger als der globale Durchschnitt. Gemessen an KGV, Buchwertverhältnissen, Dividendenrendite und Gewinnwachstum schlagen wir das globale Dorf an Attraktivität um Längen. Und das liegt nicht in einigen Sektoren begründet, das ist breit über die Branchen vorhanden. Bis auf IT liegen sämtliche Branchensektoren in ihrer Bewertung teils massiv unter den globalen Vergleichs-Peers.

Nicht nur wir in Österreich sind mit günstigen Aktien gesegnet, unser ganzer Kontinent ist es. Bevor bald wieder einige internationale Investoren auf diesen Umstand aufspringen, sollten wir mündig genug sein, den Zug selbst ein wenig aus dem Bahnhof der Investmentstarre zu schieben, damit die, die dann auf den fahrenden aufspringen, ihn erst so richtig beschleunigen.
Es kostet sicher einigen Mut, gegen Regularien oder gegen die scheinbare Bequemlichkeit einer geschützten „Nicht-Investition“ auch interne Hürden zu überspringen, doch unsere Zeiten leben von solchen Entscheidungen und brauchen sie.

Und dann sieht man endlich den Wald mit seinen Bäumen wieder.