04.05.2011

Shoppen auf Chinesisch



Eines kann man den Chinesen sicher nicht absprechen, und das ist Selbstbewusstsein. Die inzwischen bereits drittgrösste Wirtschaftsnation der Welt übt sich in kontinuierlich steigender Wichtigkeit. Ob politisch via Umweltpolitik (Kopenhagen), Schuldenpolitik (Spanien und Griechenland) oder Nachbarschaftspolitik (in Richtung Taiwan und Japan) genauso wie in der Wirtschaft, begonnen bei der Monopolisierung seltener Erden bis hin zum weltmeisterlichen Kopieren westlicher Indu­strien und deren Produkte. Doch nun schlägt der Chinese im Land zurück. Er will auch was vom Kuchen. Er konsumiert und dies tut er so, wie es Chinesen eben inzwischen gewohnt sind, in grossem Stil.

Die letzten Verkaufszahlen vom chinesischen Automarkt sprechen eine eindeutige Sprache: die Autoverkäufe stiegen um 72% zum Vorjahr, ganz klar getragen vom Luxussegment. Wer bemerkt, dass die Basis relativ gering ist, der irrt, rund 300 Millionen Chinesen sind bereits am Einkommensniveau des deutschen Durchschnitts angelangt. Tendenz steigend. Da wundert es kaum, dass der durchschnittliche Autokäufer Chinas knapp 10 Jahre jünger als sein deutsches „Gegenüber“ ist. Genauso wenig sollte es überraschen, dass diese Autos im überwiegenden Fall in Vollausstattung gekauft werden. Gespart wird woanders. Es passt ins Bild eines aufkommenden Emerging Markets, dass 85% aller Autos in cash bezahlt werden.

Aber es verwundert dann doch ein wenig, dass der durchschnittliche Rolls Royce-Käufer nur 30 bis 40 Jahre alt ist.

Was kommt danach? Flugzeuge? Häuser in Europa? Künstliche Inseln?
Das Einkaufsverhalten Chinas ist ein oft geübter Prozess. Ob Kohle, Öl oder Gold macht keinen Unterschied. Man fühlt sich durch die Preisanstiege bestätigt. „Aktiv“ und „aggressiv“ passen in China zusammen. Halbe Sachen sollen die anderen machen.

So lange die Welt hinter der Wirtschafts­leistung Chinas hinterherhechelt, macht diese Strategie auch wirklich Sinn. Wer sollte China die Stirn bieten? Indien, no way. Sind im selben Zug wie China. Brasilien? Kaum. Zu weit weg und gerade dabei, sich intern zu setteln. Russland? Genausowenig, weil Profiteur von Chinas Energiepolitik. Die arabische Welt liegt im Würgegriff von Facebook und die USA ersticken gerade staatstragend in Schulden, während sie mit ernster Miene auf Europa und Griechenland deuten.

Unsere Märkte werden dabei immer abhängiger von Asiens Neureichen. Der Goldpreis wird mehr und mehr mit der Einkaufspolitik der chinesischen Noten­bank erklärt, seltene Erden gelten bereits als unerschwinglich, wer noch kein Werk in China errichtet oder hat, ist ein „Loser“, und das meist­übersetzte chinesische Wort ist ohnehin „Wachstum“.

Die Schattenseite ist aber ebenso evident und die wird die chinesische Traum­fabrik mittelfristig auch einbremsen: Die Lebensmittelkosten steigen enorm, insbesondere für proteinhaltige Güter. Noch nie wurde so viel Schweinefleisch in China gegessen. Sogar Reis muss bereits importiert werden.

Die Kosten für Infrastruktur, Dienstleistung und Wohnen explodieren, während die Bevölkerung in eine matrixartige Zweiklassengesellschaft driftet.
Reich und Arm, Jung und Alt. Die Masse an Arm und Alt nimmt täglich zu, wird noch vom strahlenden Konsumverhalten der neuen Reichen überdeckt.
Dahinter brodelt aber zunehmend Unzufriedenheit und Verzweiflung. Der Konsumvirus macht süchtig. Entzugserscheinungen entstehen obligatorisch. Der kritische Blick ist für uns wichtiger denn je. Werbefernsehen und Facebook gibt es eben auch in China. Und zwar für alle.



04.05.2011

Shoppen auf Chinesisch



Eines kann man den Chinesen sicher nicht absprechen, und das ist Selbstbewusstsein. Die inzwischen bereits drittgrösste Wirtschaftsnation der Welt übt sich in kontinuierlich steigender Wichtigkeit. Ob politisch via Umweltpolitik (Kopenhagen), Schuldenpolitik (Spanien und Griechenland) oder Nachbarschaftspolitik (in Richtung Taiwan und Japan) genauso wie in der Wirtschaft, begonnen bei der Monopolisierung seltener Erden bis hin zum weltmeisterlichen Kopieren westlicher Indu­strien und deren Produkte. Doch nun schlägt der Chinese im Land zurück. Er will auch was vom Kuchen. Er konsumiert und dies tut er so, wie es Chinesen eben inzwischen gewohnt sind, in grossem Stil.

Die letzten Verkaufszahlen vom chinesischen Automarkt sprechen eine eindeutige Sprache: die Autoverkäufe stiegen um 72% zum Vorjahr, ganz klar getragen vom Luxussegment. Wer bemerkt, dass die Basis relativ gering ist, der irrt, rund 300 Millionen Chinesen sind bereits am Einkommensniveau des deutschen Durchschnitts angelangt. Tendenz steigend. Da wundert es kaum, dass der durchschnittliche Autokäufer Chinas knapp 10 Jahre jünger als sein deutsches „Gegenüber“ ist. Genauso wenig sollte es überraschen, dass diese Autos im überwiegenden Fall in Vollausstattung gekauft werden. Gespart wird woanders. Es passt ins Bild eines aufkommenden Emerging Markets, dass 85% aller Autos in cash bezahlt werden.

Aber es verwundert dann doch ein wenig, dass der durchschnittliche Rolls Royce-Käufer nur 30 bis 40 Jahre alt ist.

Was kommt danach? Flugzeuge? Häuser in Europa? Künstliche Inseln?
Das Einkaufsverhalten Chinas ist ein oft geübter Prozess. Ob Kohle, Öl oder Gold macht keinen Unterschied. Man fühlt sich durch die Preisanstiege bestätigt. „Aktiv“ und „aggressiv“ passen in China zusammen. Halbe Sachen sollen die anderen machen.

So lange die Welt hinter der Wirtschafts­leistung Chinas hinterherhechelt, macht diese Strategie auch wirklich Sinn. Wer sollte China die Stirn bieten? Indien, no way. Sind im selben Zug wie China. Brasilien? Kaum. Zu weit weg und gerade dabei, sich intern zu setteln. Russland? Genausowenig, weil Profiteur von Chinas Energiepolitik. Die arabische Welt liegt im Würgegriff von Facebook und die USA ersticken gerade staatstragend in Schulden, während sie mit ernster Miene auf Europa und Griechenland deuten.

Unsere Märkte werden dabei immer abhängiger von Asiens Neureichen. Der Goldpreis wird mehr und mehr mit der Einkaufspolitik der chinesischen Noten­bank erklärt, seltene Erden gelten bereits als unerschwinglich, wer noch kein Werk in China errichtet oder hat, ist ein „Loser“, und das meist­übersetzte chinesische Wort ist ohnehin „Wachstum“.

Die Schattenseite ist aber ebenso evident und die wird die chinesische Traum­fabrik mittelfristig auch einbremsen: Die Lebensmittelkosten steigen enorm, insbesondere für proteinhaltige Güter. Noch nie wurde so viel Schweinefleisch in China gegessen. Sogar Reis muss bereits importiert werden.

Die Kosten für Infrastruktur, Dienstleistung und Wohnen explodieren, während die Bevölkerung in eine matrixartige Zweiklassengesellschaft driftet.
Reich und Arm, Jung und Alt. Die Masse an Arm und Alt nimmt täglich zu, wird noch vom strahlenden Konsumverhalten der neuen Reichen überdeckt.
Dahinter brodelt aber zunehmend Unzufriedenheit und Verzweiflung. Der Konsumvirus macht süchtig. Entzugserscheinungen entstehen obligatorisch. Der kritische Blick ist für uns wichtiger denn je. Werbefernsehen und Facebook gibt es eben auch in China. Und zwar für alle.