07.09.2016

Gewitter am Horizont



Man kann es drehen und wenden wie man will, die gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten der USA waren schlecht. Grottenschlecht. Das Land der Tapferen und Tüchtigen kämpft mit deflatorischen Tendenzen. Wachstum ist in den USA derzeit ein rares Gut. Die Aktienmärkte interessiert dieser Umstand derzeit aber scheinbar nur im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit einer kommenden Zinserhöhung der FED. Zu kurz gedacht?

Im Zusammenhang mit den US-Daten fällt zusätzlich aber auch auf, dass sich das Wachstum am Globus mittlerweile aus den vielen kleineren Staaten heraus rekrutiert. Die historischen Motoren China und USA machen gerade Pause. Dafür stehen Staaten wie Indien, Mexico, ja sogar Brasilien wieder an der Spitze der Wachstumserwartungen. Selbst Europa ist nicht mehr das Beiboot hinter dem globalen Tanker. Wir haben zwar die letzten Jahre dem Welt-Wachstum mehr oder minder zugeschaut und uns um so wichtige Dinge wie Krümmungsradien von Gemüse oder „Buchstabensuppen“ auf Speisekarten gekümmert, inzwischen tragen aber die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft Früchte und verhelfen unserem Kontinent zu statistischer Präsenz im vorderen Drittel.

Die Aktienmärkte haben diese Entwicklung die letzten Wochen offensichtlich erkannt, denn die Widerstandskraft gegenüber negativem Interpretationspotential ist aktuell deutlich erkennbar. Die letzten Jahre hätten etliche der bestehenden Unsicherheiten genügt, um Abwärtsspiralen auszulösen, derzeit nicht. Kein schwacher ISM, kein gesunkener IFO, kein Brexit, kein Türkei-Putsch-Versuch-Re-Putsch, kein Burkaverbot (naja das wäre ja vielleicht noch auf der „Droh-Agenda“), kein warmer Winter im Tourismussommer Österreichs, hat alles nichts „bewirkt“. Im Gegenteil, Brexit wird als Aufruf zum M&A Tango verstanden weil das billige Pfund die ausländischen Investoren finanziert und einen Bau-Boom in Frankfurt und Paris erwarten lässt, Negativrenditen beglücken reihenweise Europas Industrie, ob die Unternehmen es brauchen oder nicht, sie nehmen die Geschenke der EZB natürlich gerne an (z.B.: gestern emittierten und platzierten (!) Sanofi und Henkel jeweils Bonds mit negativer Rendite), die stotternde US-Wirtschaft verhilft zur Verschiebung geplanter Zinserhöhungen und die Türkei wird als IS-Bekämpfer an der Seite der brüderlichen Russen erkannt. Wie schön.

Was in der ganzen positiv verbrämten Interpretation jetzt noch fehlt wäre ein wirklicher und echter Fortschritt, nämlich der Beginn fiskalpolitischer Maßnahmen. Die würden die Wachstumserwartungen noch weiter befeuern, denn diese Maßnahmen brauchen wir in Wirklichkeit ja schon seit Jahren. Die Politik hätte jetzt sogar die moralische Verpflichtung das Geld, dass sie Dank EZB und manchmal absurd wirkender Abgaben verdient (im Sinne von einnehmen) wieder weiter zu geben. Deutschlands Finanzminister hat bereits, verschämt grinsend, zugegeben nicht wenig am Zinsumfeld zu verdienen und auch sofort Steuererleichterung und Investitionsprojekte versprochen. Eine quasi erzwungene Moral, aber was soll‘s. Die Steuerzahler und vor allem die Wirtschaft haben es schon längst verdient auch mal entlastet zu werden. Jetzt müsste man sich nur ein Beispiel daran nehmen. Zum Beispiel ist Österreichs Finanzminister genauso passiver Profiteur.

Ach ja, eine Kleinigkeit wäre dabei nicht zu übersehen. Diesmal wäre es vielleicht sogar einmal notwendig, nur um es dem Rest der Welt auch mal zu zeigen, dass man nicht umsonst als Wachstumshoffnung gilt, die Versprechen auch zu halten. Ausnahmsweise.



07.09.2016

Gewitter am Horizont



Man kann es drehen und wenden wie man will, die gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten der USA waren schlecht. Grottenschlecht. Das Land der Tapferen und Tüchtigen kämpft mit deflatorischen Tendenzen. Wachstum ist in den USA derzeit ein rares Gut. Die Aktienmärkte interessiert dieser Umstand derzeit aber scheinbar nur im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit einer kommenden Zinserhöhung der FED. Zu kurz gedacht?

Im Zusammenhang mit den US-Daten fällt zusätzlich aber auch auf, dass sich das Wachstum am Globus mittlerweile aus den vielen kleineren Staaten heraus rekrutiert. Die historischen Motoren China und USA machen gerade Pause. Dafür stehen Staaten wie Indien, Mexico, ja sogar Brasilien wieder an der Spitze der Wachstumserwartungen. Selbst Europa ist nicht mehr das Beiboot hinter dem globalen Tanker. Wir haben zwar die letzten Jahre dem Welt-Wachstum mehr oder minder zugeschaut und uns um so wichtige Dinge wie Krümmungsradien von Gemüse oder „Buchstabensuppen“ auf Speisekarten gekümmert, inzwischen tragen aber die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft Früchte und verhelfen unserem Kontinent zu statistischer Präsenz im vorderen Drittel.

Die Aktienmärkte haben diese Entwicklung die letzten Wochen offensichtlich erkannt, denn die Widerstandskraft gegenüber negativem Interpretationspotential ist aktuell deutlich erkennbar. Die letzten Jahre hätten etliche der bestehenden Unsicherheiten genügt, um Abwärtsspiralen auszulösen, derzeit nicht. Kein schwacher ISM, kein gesunkener IFO, kein Brexit, kein Türkei-Putsch-Versuch-Re-Putsch, kein Burkaverbot (naja das wäre ja vielleicht noch auf der „Droh-Agenda“), kein warmer Winter im Tourismussommer Österreichs, hat alles nichts „bewirkt“. Im Gegenteil, Brexit wird als Aufruf zum M&A Tango verstanden weil das billige Pfund die ausländischen Investoren finanziert und einen Bau-Boom in Frankfurt und Paris erwarten lässt, Negativrenditen beglücken reihenweise Europas Industrie, ob die Unternehmen es brauchen oder nicht, sie nehmen die Geschenke der EZB natürlich gerne an (z.B.: gestern emittierten und platzierten (!) Sanofi und Henkel jeweils Bonds mit negativer Rendite), die stotternde US-Wirtschaft verhilft zur Verschiebung geplanter Zinserhöhungen und die Türkei wird als IS-Bekämpfer an der Seite der brüderlichen Russen erkannt. Wie schön.

Was in der ganzen positiv verbrämten Interpretation jetzt noch fehlt wäre ein wirklicher und echter Fortschritt, nämlich der Beginn fiskalpolitischer Maßnahmen. Die würden die Wachstumserwartungen noch weiter befeuern, denn diese Maßnahmen brauchen wir in Wirklichkeit ja schon seit Jahren. Die Politik hätte jetzt sogar die moralische Verpflichtung das Geld, dass sie Dank EZB und manchmal absurd wirkender Abgaben verdient (im Sinne von einnehmen) wieder weiter zu geben. Deutschlands Finanzminister hat bereits, verschämt grinsend, zugegeben nicht wenig am Zinsumfeld zu verdienen und auch sofort Steuererleichterung und Investitionsprojekte versprochen. Eine quasi erzwungene Moral, aber was soll‘s. Die Steuerzahler und vor allem die Wirtschaft haben es schon längst verdient auch mal entlastet zu werden. Jetzt müsste man sich nur ein Beispiel daran nehmen. Zum Beispiel ist Österreichs Finanzminister genauso passiver Profiteur.

Ach ja, eine Kleinigkeit wäre dabei nicht zu übersehen. Diesmal wäre es vielleicht sogar einmal notwendig, nur um es dem Rest der Welt auch mal zu zeigen, dass man nicht umsonst als Wachstumshoffnung gilt, die Versprechen auch zu halten. Ausnahmsweise.